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BVG-Streik: Machtlos im Megastreik

In Berlin droht ein Verkehrschaos: Die S-Bahn steht ab Montag still. Der Regierende Bürgermeister Wowereit findet die Verdi-Forderung überzogen, der Senat sieht aber keine Möglichkeit zum Handeln.

Bisher konnten viele den BVG-Streik mit der S-Bahn umgehen. Ab Montagfrüh stehen aber auch dort die meisten Räder still, falls sich die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL nicht übers Wochenende noch überraschend einigen. Berlin droht ein Megastreik im Nahverkehr. Für diesen Fall hat die S-Bahn einen Notfahrplan vorbereitet. „Wir fahren zwar in weitaus größeren Abständen, aber garantiert zu verlässlichen Zeiten“, sagte gestern Unternehmenssprecher Ingo Priegnitz. Auf dem Ring sollen die Züge alle 30 Minuten verkehren, auf den anderen Strecken stündlich. Auch für den Regionalverkehr hat die Bahn Notfahrpläne organisiert.

Sollten die Lokführer in den Ausstand gehen, ist Berlin wegen des gleichzeitigen Arbeitskampfes bei der BVG extrem betroffen. Selbst die Gewerkschaft Verdi, Streikführer bei der BVG, bezeichnete das Zusammentreffen beider Ausstände als „unglücklich“, hält aber an ihrem unbefristeten Streik fest. Die GDL blieb gleichfalls hart. Man werde Berlin nicht aus dem Streikplan herausnehmen, hieß es.

Der Senat sah am Freitag keine Möglichkeit zum Handeln – zumal SPD und Linke gleichermaßen die Verdi-Forderung von mindestens 250 Euro mehr Gehalt für alle BVG-Beschäftigten für überzogen halten. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bezeichnete das Angebot der Kommunalen Arbeitgeber von einer Einmalzahlung von 200 Euro sowie sechs Prozent für die seit 2005 eingestellten – und schlechter bezahlten – BVG-Mitarbeiter als „ordentlich“. Die Verdi-Forderung bezeichnete er als überzogen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) warf Verdi vor, von Anfang an auf Streik gesetzt und nie ernsthaft verhandelt zu haben. Landesparteichef Michael Müller gab sich versöhnlicher: Die Koalition sei sich einig, dass der Gewerkschaft ein schriftliches Angebot gemacht werden müsse, sagte er. Im Übrigen führe weder der Senat noch das Abgeordnetenhaus die Verhandlungen.

Falls ab Montag bei Bus und Bahn fast gar nichts mehr geht, befürchtet die Polizei eine „noch weitaus größere Blechflut auf den Straßen“ als in den vergangenen Tagen. Schon wegen des BVG-Ausstandes stiegen viele Berliner aufs Auto um, laut Polizei waren etwa 20 Prozent mehr Fahrzeuge unterwegs. Bisher stellte die Verkehrsinformations- und Steuerungszentrale im Polizeipräsidium den Fahrern aber ein gutes Zeugnis aus. Die meisten hätten sich vernünftig verhalten und mehr Zeit für ihre Wege einkalkuliert, sagte gestern deren Leiter Eberhard Müller. „Es lief zwar teils zähflüssig, gab aber kein Chaos.“ Dazu trugen auch variable Ampelschaltungen bei, die bei starkem Andrang längere Grünphasen geben.

Diese letzte Möglichkeit, den Verkehr in Fluss zu halten, ist laut Müller nun ausgereizt. Kommt ab Montag der Megastreik, sind die Verkehrslenker machtlos. Allein mit dem Fahrrad dürfte man dann noch mobil sein, zumal der Senat auch weiterhin fest entschlossen ist, „die Busspuren selbst im schlimmsten Streikfall nicht für Autos freizugeben“, so Manuela Damianakis von der Stadtentwicklunsgverwaltung. „Zehntausende Radler mehr sind unterwegs. Sie brauchen die Busspuren gerade jetzt als Sicherheitszone.“

Ob die S-Bahn ihren Notfahrplan wie versprochen einhalten kann, sehen Fahrgastverbände skeptisch. Schon während des bisherigen Streiks hatten viele S-Bahnen wegen des gewaltigen Andrangs im Berufsverkehr Verspätung. cs/obs

Der Notfallfahrplan der S-Bahn mit allen Linien und Abfahrtzeiten an jedem Bahnhof ist ab sofort auf der Website www.s-bahn-berlin.de einzusehen (Tel. 297- 433 33). Über die Notpläne der Regionalbahnen informiert der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg unter www.vbbonline.de/streik oder der Telefon-Hotline 25 41 41 41.

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