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Die BVV in Steglitz-Zehlendorf.

© Anett Kirchner

BVV-Sitzung in Steglitz-Zehlendorf: „Wir sollten uns bei den Eltern entschuldigen“

Der hohe Sanierungsbedarf an den Schulen im Bezirk sorgte für schlechte Stimmung bei der BVV-Sitzung. Die Schuld schoben sich die Parteien gegenseitig zu.

Zwar gibt es bei dem enormen Sanierungsstau an Schulen in Steglitz-Zehlendorf wenig Grund zur Freude, dennoch könnte der Bezirk beinahe erleichtert sein, dass die kürzlich veröffentlichten Zahlen des Senates von dem Gebäudescan niedriger sind als angenommen. Noch im letzten Jahr hatte der Bezirk einen Sanierungsbedarf für die Schulen von etwa 450 Millionen Euro gemeldet. Anhand der neuen Zahlen des Senates liegt der Sanierungsbedarf in Steglitz-Zehlendorf aktuell bei „rund 386 Millionen Euro, ohne Außenanlagen“, erklärte der Bildungsbezirksstadtrat Frank Mückisch (CDU) gestern in der Sitzung der  Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf eine dringende Große Anfrage der CDU mit der Überschrift „Schulsanierung auf langer Bank?“

Doch von Erleichterung keine Spur. Im Gegenteil. Die Gemüter im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf waren in Bezug auf die neuen Zahlen zum Sanierungsbedarf erhitzt. Eineinhalb Stunden diskutierten die Bezirksverordneten über das Thema. Einige zeigten sich skeptisch.

„Was ist da in den letzten Monaten passiert? Wurden die Zahlen etwa passend gemacht und schön gerechnet“, fragte Marela Bone-Winkel, Bezirksverordnete der CDU, in die Runde. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf habe von Anfang an Zahlen geliefert und sei ehrlich gewesen. Das dürfe jetzt nicht dazu führen, dass er bei der Verteilung der Gelder durch den Senat „bestraft“ werde. Am Ende seien es wieder die Kinder in den Schulen, die den Preis zahlen müssten.

„Mir ist das peinlich, wie unsere Schulen aussehen und ich finde, wir sollten uns bei den Eltern entschuldigen“, sagte sie und spricht offensichtlich aus Erfahrung. Denn Bone-Winkel sei selbst jahrelang Elternvertreterin gewesen.

Ähnlich argumentierte Susanne Mertens von der Grünen-Fraktion. Der Bezirk müsse sich bei den Eltern vor allem dafür entschuldigen, dass er in den letzten Jahren beim Senat nicht genug Druck aufbauen konnte, damit der ihm beim Abbau des Sanierungsstaus helfe. „Der Bezirk kann diese gewaltige Aufgabe nicht allein stemmen“, betonte sie.

Und am Ende habe der Senat jetzt das erreicht, was er wollte: nämlich den Bezirk wieder als Buhmann hinzustellen. Sie befürchte nun, dass bei der Verteilung der Gelder die Bezirke gegeneinander ausgespielt würden und dadurch eine Neiddebatte entstehe. „Ich kann mir nicht erklären, warum und wo die Zahlen nach unten priorisiert wurden.“

Linke: CDU tut, als sei sie nicht verantwortlich gewesen

Dass offensichtlich Einige die neuen Zahlen des Senates nicht nachvollziehen können, versteht Jan Kellermann, SPD-Bezirksverordneter, dagegen nicht, wie er sagte. Die Kosten für die Sanierungen, die der Bezirk im letzten Jahr errechnet habe, seien allgemein und nach anderen Kriterien ermittelt worden. Bei dem aktuellen Gebäudescan des Senates habe man den Sanierungsbedarf der Schulen in drei Prioritäten eingeteilt; von ganz dringend (Priorität I) bis ja, brauchen wir, muss aber nicht sofort saniert werden (Priorität III). 

„Ich sehe keinen Schwarzen Peter in irgendeiner Form“, gab Kellermann zu verstehen. Er sei froh, dass der Abbau des Sanierungsstaus jetzt auf den Weg gebracht werde und gehe davon aus, dass der Bezirk seinen Teil dazu beitrage.

Ebenfalls überrascht von den neuen Zahlen des Senates zeigte sich indes Gerald Bader, der Fraktionsvorsitzende der Linken. Er finde es zudem dreist, dass gerade die CDU eine solche Große Anfrage stelle. „Denn sie argumentieren hier, als wären sie in der letzten Legislatur nicht verantwortlich gewesen“, erinnerte er. Jammern helfe keinem. Vielmehr wolle er jetzt konkret wissen, wie der Bezirk die finanziellen Mittel, die er vom Senat aus verschiedenen Töpfen für die Sanierungen bekomme, sinnvoll einsetzen werde.

Auch Peer Döhnert, AfD-Fraktionsvorsitzender, erwarte, anstatt ewig Hin und Herr zu diskutieren, einen Notfallplan, wie er es nannte: „Bitte sagen Sie mir doch, welche Schulen konkret in den nächsten zwei Jahren saniert werden.“

Und Mathia Specht-Habbel von der FDP-Fraktion gab zu Bedenken, dass es ärgerlich sei, wenn Gelder des Senates, etwa aus dem Schulanlagensanierungsprogramm, wieder nicht abgerufen würden oder zurück gegeben werden müssten – so geschehen im Jahr 2015, als der damalige zuständige Bezirksstadtrat Michael Karnetzki (SPD), rund 800.000 Euro an das Land zurückgeben musste (wir berichteten). „Deshalb möchte ich wissen, ob sich das Bezirksamt jetzt in der Lage sieht, die Gelder, die ihm zugewiesen werden, zu verbauen“, fragte Specht-Habbel.

Daraufhin hielt es Maren Schellenberg (Grüne), die als Bezirksstadträtin für den Hochbauservice zuständig ist, nicht auf ihrem Sitz. Schnellen Schrittes lieft sie zum Rednerpult, schob ihre Brille nach oben und erklärte aufgebracht, dass die Verfahren nicht so einfach seien: „Es funktioniert nicht, dass heute das Geld da ist und morgen der Maurer auf der Baustelle steht.“ Dazwischen gebe es viele Schritte. Es müssten zum Beispiel komplexe Entscheidungen getroffen, Planungsunterlagen erstellt und rechtzeitig Ausschreibungen durchgeführt werden. Sie hoffe, dass die Gelder verbaut werden können: „Versprechen kann ich es aber nicht.“

Dazu meldete sich Torsten Hippe, Fraktionsvorsitzender der CDU, mit dem Vorschlag zu Wort, ob man nicht darüber nachdenken sollte, in diesem Einzelfall ausnahmsweise das „Jährlichkeitsprinzip“, also dass die finanziellen Mittel nach einem Jahr zurückgegeben werden müssen, abzuschaffen.

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