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CARIsatt: Mehr als ein Laden

In Neukölln hat die Caritas ihr erstes Berliner Lebensmittelgeschäft für Menschen mit geringem Einkommen eröffnet. Der Bedarf ist groß - nicht nur an Lebensmitteln.

"Was gönnen wir uns denn heute?", fragt eine Frau von Mitte 40 ihren Begleiter. Der sieht etwas ratlos aus und muss sich erst einmal orientieren. Ketchup, Rote-Beete-Saft und Eistee gibt es noch, außerdem jede Menge Lindt-Schokolade von Weihnachten. Die Auswahl ist nicht groß. Einen Tag nach der offiziellen Einweihung sind die Regale des CARIsatt-Ladens fast leer. "Dem Ansturm waren wir kaum gewachsen", sagt Sylvia Appelt, die Berlins ersten Lebensmittelladen für bedürftige Menschen leitet. Eröffnet wurde der Laden bereits im November 2006, die ersten Monate waren ein voller Erfolg.

"Die Nachfrage nach bezahlbaren Lebensmitteln ist groß, wir haben inzwischen sogar Kunden aus Weißensee, Wedding und Lichtenberg." Einkaufsberechtigt sind Menschen, die mit Beträgen unter 400 Euro im Monat haushalten müssen. So zählen neben Hartz-IV-Empfängern auch Rentner und Studenten zu den Neukunden. Die "Weiße Siedlung" sei durch die unmittelbare Nähe zur Agentur für Arbeit Berlin Südwest der ideale Standort, meint eine Mitarbeiterin. Dort habe sich schnell herumgesprochen, dass die Lebensmittelpreise im Caritas-Laden rund 30 Prozent unter dem der Discounter liegen. Die Ware kommt von Spendern aus dem Einzelhandel. Was Supermarktketten dem Laden einmal wöchentlich kostenlos überlassen, bleibt bis zum Öffnen der Pakete eine Überraschung.

Christliche Symbole sind kein Tabu

"Erlebnis-Shoppen" können die Kunden in dem ehemaligen Gemeindezentrum in der Aronsstraße nicht. Das Sortiment ist auf Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Reis und Eier beschränkt, Delikatessen bilden eher die Ausnahme. Dafür ist die Atmosphäre familiär. Der Parkettboden aus den 60er Jahren ist frisch gebohnert, auf den Regalen hinter der Theke stehen Topfpflanzen. An der Wand hängt ein Kreuz.

Der CARIsatt-Laden ist mehr als ein Laden, der Kontakt zu den Kunden persönlicher. Bei der Vergabe der Einkaufskarten kommt Sylvia Appelt mit Neukunden ins Gespräch. "Wenn ich Unterlagen ansehe, um eine Karte auszugeben und sehe, dass Leute sechs Kinder haben, frage ich sie schon, ob sie etwas von der Kinderkleiderkammer der Caritas gehört haben." Kunden mit Mahnungen oder Mietschulden werden bei Bedarf an Sozialberatungsstellen weitervermittelt. Das Team besteht aus vier Ein-Euro-Jobbern, die anderen Mitarbeiter sind im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) beschäftigt. Nach einem halben Jahr müssen Appelt und ihre Mitarbeiter gehen - Engagement hin oder her. In den nächsten Tagen steht viel an. Appelt wird zu einem Schlachthof fahren und Fleisch begutachten, das dem CARIsatt-Laden günstig angeboten wurde. Sie muss zudem Eier und Gemüse auf dem Großmarkt einkaufen, da frische Lebensmittel selten mitgeliefert werden.

Keine Konkurrenz für die Berliner Tafel

Anders als bei der Berliner Tafel, der die Caritas keine Konkurrenz machen will, werden alle gespendeten Waren verkauft und nicht als Spenden weitergegeben. "Die Hemmungen unser Angebot anzunehmen, sind daher geringer", vermutet Appelt. So kämen sich die Kunden, unter denen auch viele Muslime seien, weniger wie Bittsteller vor.

Für den Rote-Bete-Saft bezahlt die Frau dann auch noch vierzig Cent. "Das ist 'mal ein Schnäppchen." Ihr Partner hat sich nach langem Zaudern für einen Lindt-Nikolaus entschieden. "Bald ist zwar Ostern, aber was soll's - Schokolade ist Schokolade."

Der Laden in der Aronsstraße 120 ist montags, mittwochs, freitags von 10 bis 15 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Anne Grieger

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