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Berlin: Caroline Beil: Laufend glücklich

Sie waren beim Berlin-Marathon wieder nur als Zuschauer dabei? Sie haben sich vorgenommen, endlich ins Lauftraining einzusteigen? Dann folgen Sie einfach unseren Routen. Prominente Läufer – Profis und Hobbyathleten – verraten, wo joggen in Berlin am schönsten ist

Ja, ich habe ein Suchtproblem. Zum Glück aber kein illegales. Meine Droge heißt laufen. Wenn ich drei Tage lang nicht gerannt bin, werde ich unruhig und schlecht gelaunt. Wenn ich, wie jetzt am Wochenende, 21 Kilometer durch den Grunewald gewetzt bin, dann ist das – Achtung, Kinder, wegsehen – wie nach richtig gutem Sex. Ein totales Glücksgefühl überkommt mich, ich bin null erschöpft, sondern fühle mich wundervoll und total erfüllt. So sehr, dass ich übers ganze Gesicht strahle.

Zu verdanken habe ich das den Endorphinen, diesen kleinen, körpereigenen Opiaten, total legal, ganz umsonst und garantiert gesund. Wahrscheinlich habe ich als sinnlicher Mensch besonders viele dieser Muntermacher im Körper.

Ich habe eigentlich immer Sport getrieben, 12 Jahre Ballett, Stepptanz, acht Jahre Feldhockey in Hamburg, gleichzeitig mit Tennis angefangen. Doch dann habe ich sechs Jahre im Ausland gelebt, Tokio, Mailand, Los Angeles. Da wurde es manchmal echt schwer, sportlich am Ball zu bleiben. Ich habe es auch mit Training im Fitness-Studio versucht, das war aber meist tierisch kompliziert. Immer diese dämlichen Verträge mit merkwürdigen Klauseln und Kursen, die entweder voll waren, oder immer nur dann stattfanden, wenn ich garantiert keine Zeit hatte.

Also fing ich an zu laufen, mit einer Freundin. Wie zwei lahme Enten schlichen wir um die Außenalster, wahrscheinlich haben sich die guten Läufer, und davon gibt es viele an der Alster, köstlich über uns beide amüsiert. Spaß hat es am Anfang nicht gemacht, wir mussten uns echt zwingen. Es ist ja so gesund, sagten wir uns tapfer. Langsam wurden wir besser und wir schafften uns endlich ein paar ordentliche Laufschuhe an.

Auf dem Weg zum Marathon

Vor etwa fünf Jahren geschah es dann: Ich spürte diesen unglaublichen Kick. Wir waren zum ersten Mal in 45 Minuten um die Alster gelaufen. Okay, das ist keine olympiareife Zeit für siebeneinhalb Kilometer, aber ich war stolz wie nie zuvor und merkte zum ersten Mal diesen Glücksstrom, der mich durchfuhr. Die Nummer hat allerdings einen kleinen Haken: Wer nur eine halbe Stunde vor sich hin trabt, wird dieses Gefühl wahrscheinlich nie kennen lernen. Man muss schon etwas länger durchhalten, um den Körper wirklich in Wallung zu bringen.

Seitdem will ich immer mehr davon. Obwohl ich als notorische Langschläferin und Wochenendgattin – mein Mann wohnt in Düsseldorf – eigentlich gar keine Zeit habe, schaffe ich es doch, vier bis fünf Stunden die Woche zu laufen. In diesem Jahr hat mich der Ehrgeiz gepackt: Ich will unbedingt Marathon laufen. Einen halben habe ich immerhin schon dreimal problemlos überstanden, obwohl ich vorher noch nie so weit gelaufen bin. Aber 42 Kilometer sind nochmal eine andere Sache. 20 Kilometer schaffe ich in zwei Stunden, aber das heißt noch lange nicht, dass ich die doppelte Strecke in vier Stunden zurücklege. Ich laufe eigentlich nie ohne Pulsmesser und trage jede Trainingseinheit seit Jahren ordentlich in mein Lauftagebuch ein. Eine prima Motivation übrigens, denn es ist schon beeindruckend, wenn man sieht, was man so zusammenläuft über die Jahre.

Erklären Sie mich für verrückt, aber um mich über meinen wirklichen Leistungsstand zu informieren, bin ich neulich sogar beim Sportmedizinischen Service im Krankenhaus Westend gewesen. Da bekommt man so eine Gasmaske über Mund- und Nase geschnallt und muss wie ein Hamster auf einem Laufband wetzen.

Das Tempo wird ständig gesteigert, irgendwelche Apparate messen dabei Laktatwerte, CO2-Gehalt im Blut und das Lungenvolumen. Meine Werte waren nicht weltrekordverdächtig, aber immerhin marathontauglich.

Aufgezeichnet von Hajo Schumacher

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