zum Hauptinhalt
Zu viel Freiheit genommen. Als die Zeitung „BZ“ zum Wahlkreisbüro von Michael Müller in Tempelhof recherchierte, schaltete dieser einen Anwalt ein - bezahlt von der Senatskanzlei. Dies entspricht nicht der Gewaltenteilung.

© Imago

CDU fordert Transparenz: Senatskanzlei zahlt Michael Müller einen privaten Anwalt

Ein Anwalt, den die Senatskanzlei bezahlt, berät den Abgeordneten Michael Müller. Die CDU ist alarmiert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Jetzt wird der Ton richtig rau. Der CDU-Generalsekretär Kai Wegner wirft dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor, sich den Rechtsanwalt Christian Schertz „für eine private Angelegenheit von der Senatskanzlei bezahlen“ zu lassen. Dies sollte rechtlich überprüft werden, „um den Vorwurf der Untreue nicht im Raume stehen zu lassen“. Es gehe um den Umgang mit Steuergeldern. Müller sollte im eigenen Interesse schnell für Klarheit und Transparenz sorgen, forderte Wegner am Montag.

Der Grund für diesen Angriff auf den sozialdemokratischen Regierungschef ist ein Rechtsstreit zwischen dem Regierungschef und der „BZ“. Die Zeitung hatte im Juli 2015 das Abgeordnetenhaus zu Müllers Wahlkreisbüro in Tempelhof befragt, das in den Räumen der Druckerei des (inzwischen verstorbenen) Vaters untergebracht ist. Es wurde um Einsicht in den Mietvertrag gebeten, offenbar um die Frage zu klären, ob das kleine Ladengeschäft möglicherweise mit staatlichen Zuschüssen für Wahlkreisbüros, die jedem Abgeordneten zustehen, subventioniert worden sei.

Persönlich und politisch verantwortlich

Einen Tag später zeigte Anwalt Schertz an, dass er den Abgeordneten Müller vertrete, und er warnte die Zeitung vor einer falschen Berichterstattung. Jetzt aber stellte sich heraus, dass nicht der Abgeordnete Müller, sondern die Senatskanzlei den Anwalt beauftragt und die Kosten für diesen presserechtlichen Streit getragen hat. Obwohl in Deutschland, als zentraler Bestandteil des demokratischen Rechtsstaats, die Gewaltenteilung gilt. Legislative (Parlament), Exekutive (Regierung) sowie Judikative (Rechtswesen) sind die drei Säulen der Macht, die sich gegenseitig kontrollieren, auch zusammenarbeiten, aber funktional getrennt sind.

Deshalb sind Abgeordnete – als Vertreter des Volkes – einerseits gut geschützt, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“, wie es in der Berliner Verfassung heißt. Andererseits sind sie für das, was sie tun, persönlich und politisch verantwortlich. Dazu gehört auch der Umgang mit den Diäten und der Amtsausstattung, die aus der öffentlichen Kasse bezahlt werden. Einschließlich der Kosten für ein externes Wahlkreisbüro, das nach den Richtlinien des Berliner Parlamentspräsidenten „räumlich, sachlich und personell von Partei- und anderen Nutzungen zu trennen ist“.

Es gehe nicht um eine private Rechtsangelegenheit

Michael Müller eröffnete sein Büro Ende Juni 2014 in den Räumen der väterlichen Druckerei. Daran störte sich niemand, aber jetzt steht die Frage im Raum, warum die Senatskanzlei eine Anwaltsrechnung bezahlt, die den Abgeordneten Müller betrifft. Senatssprecherin Daniela Augenstein bestätigte den gesamten Vorgang, vertrat aber die Meinung, dass in diesem Fall eine „Persönlichkeitsverletzung und Reputationsgefährdung der Person und des Amtes des Regierenden Bürgermeisters“ drohte – und verhindert werden musste.

Einen Anwalt zu beauftragen, um eine falsche und rechtswidrige Berichterstattung abzuwenden, habe die Fürsorgepflicht geboten. Zwar sei auch „ein Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Wahlkreisbüro von Herrn Müller“ betroffen, so Augenstein. Aber es gehe nicht um eine private Rechtsangelegenheit des Abgeordneten, sondern um die Gefahr, dass Amt und Person des Regierungschefs unmittelbar hätten geschädigt werden können.

Abgeordnete müssen ihre Anwaltskosten aber selber zahlen

Normalerweise müssen Abgeordnete ihre Anwaltskosten aber selber zahlen. Deshalb sehen nicht nur der Koalitionspartner CDU, sondern auch die Opposition den Vorgang äußerst kritisch.  „Mir ist schleierhaft, warum Abgeordnetenangelegenheiten von Michael Müller mit dem Amt des Regierenden Bürgermeisters vermischt werden“, sagte die Grünen-Fraktionssprecherin Ramona Pop.

Der Linken-Abgeordnete Steffen Zillich mahnte „eine strikte Trennung von Parlamentsmandat und Regierungsamt“ an. Die Argumente der Senatssprecherin seien „verwegen“, und die Angelegenheit „sehr unglücklich“. Die SPD-Fraktion, zu der Müller gehört, ließ Fragen des Tagesspiegel am Montag unbeantwortet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false