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Berlin: CDU: Mit Eberhard Diepgen ab durch die Mitte

Keine Frage, dass die CDU ihrem Parteichef und früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen ein zweites politisches Leben im Bundestag gönnt. Trotzdem ist es nicht ganz einfach für ihn, sich den Wunsch-Wahlkreis auszusuchen, in dem er 2002 für ein Direktmandat kandidieren kann.

Keine Frage, dass die CDU ihrem Parteichef und früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen ein zweites politisches Leben im Bundestag gönnt. Trotzdem ist es nicht ganz einfach für ihn, sich den Wunsch-Wahlkreis auszusuchen, in dem er 2002 für ein Direktmandat kandidieren kann. Diepgen schweigt, sein Herold redet; sein alter Fahrensmann Peter Kittelmann heißt ihn im repräsentativen Ost-West-Wahlkreis Mitte "herzlich willkommen". Dort, wo der Reichstag steht und die Bundeswelt ist, wo sich gut über die innere Einheit reden lässt und die PDS keine Hochburg mehr hat, seit Wedding und Tiergarten zu Mitte gehören - und wo Diepgen als "Weddinger Junge" aufgewachsen ist.

Kittelmann hat als CDU-Kreischef in Mitte daher Günter Nooke rigoros geraten, sich beizeiten einen anderen Wahlkreis zu suchen. Der wird vermutlich nach Pankow ausweichen, eine PDS-Burg. Dort kann er CDU-Kollegin Sabine Bergmann-Pohl beerben, die zwölf Jahre im Bundestag genug findet. Nooke missfällt nur die Art seiner Verdrängung, der Umgang mit ihm. In der CDU Mitte heißt es: "Kittelmann ist eh nicht für Nooke, warum nicht, wissen die Götter." Der Diepgen-Vertraute und Ex-Senator Peter Radunski, der ebenfalls in der CDU Mitte mitredet, beschwichtigt gemütlich: "Nooke ist angenehm unbequem, ein guter Mann."

Er hat bloß nicht den alten CDU-Stallgeruch. Der 42-Jährige stieß erst 1996 von Bündnis 90 zur CDU. Seit 1998 ist er Bundestagsabgeordneter und wurde rasch stellvertretender Fraktionschef. Zurzeit ist dieser Ostler sogar der einzige Berliner in einem Spitzengremium der Union auf Bundesebene; Diepgen kam der Sitz im Parteipräsidium abhanden, da er ihn nur qua Amt als Regierender Bürgermeister hatte.

In der CDU Mitte haben etliche Diepgen-Vertraute Einfluss, doch auch der Spitzenkandidat Frank Steffel hat dort inzwischen über Mittelsmänner seinen Fuß in der Tür. So ist der neue Generalsekretär Joachim Zeller (Bezirksbürgermeister Mitte), ebenfalls Ostler, ein Steffel-Mann. Verhindern will Diepgen natürlich keiner in Mitte, aber der 65-jährige Kittelmann will noch einmal der treue "Mehrheitsbeschaffer" sein. Diese Rolle der innerparteilichen Machtsicherung spielte er seit den siebziger Jahren als Organisator der "Betonriege" um Diepgen und Klaus Landowsky. Sie wurde honoriert: Er war Stadtrat in Tiergarten, 18 Jahre im Bundestag bis 1994 und dann Europa-Abgeordneter bis 1998.

In den neunziger Jahren bröckelte seine Macht. Und als Landowsky in seinem Heimatkreis Zehlendorf Boden verlor, machte er auf Kosten Kittelmanns einen Deal mit Diepgens CDU-Generalsekretär, dem Charlottenburger Kreischef Ingo Schmitt. Landowsky verhalf Schmitt zum Europa-Mandat 1998, Schmitt dafür Landowsky zum Spitzenplatz in Charlottenburg für die Abgeordnetenhaus-Wahl 1999. Kittelmann zog nun von Europa ebenfalls ins Abgeordnetenhaus um, das seine Ehefrau räumte. Ingo Schmitt musste jetzt als Generalsekretär abtreten, weil er den SPD-Senators Klaus Böger als "Politnutte" beschimpft hatte; Steffel setzte Zeller als Nachfolger durch.

Der Tiergartener Kittelmann ist kein starker Kreisfürst in Mitte. Kürzlich wurde er zwar wieder für das Abgeordnetenhaus nominiert, konnte sich aber nur relativ schwach gegen eine Gegenkandidatin durchsetzen, obendrein eine namenlose. Das war ein Schlüsselerlebnis für seine engeren Freunde. Vorsichtig verweist er nun auf die noch ausstehende Entscheidung der Kreisgremien über Diepgens Kandidatur.

Diepgen könnte auch im West-Wahlkreis Neukölln antreten, in seinem Heimatverband. Der langjährige Bundestagsabgeordnete und Diepgen-Fahrensmann Dankward Buwitt hat ja keine Chance mehr; er war als CDU-Schatzmeister in die Landowskysche Parteispendenaffäre verwickelt. Aber das will sich Parteichef Diepgen in Neukölln sicher nicht noch mal anhören. Zudem könnte Ditmar Staffelt (SPD) wieder wie 1998 das Neuköllner Direktmandat gewinnen. Mitte ist in jeder Hinsicht attraktiver.

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