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Berlin: „CDU mussinder Familienpolitik neue Wege gehen“

Fraktionschef Nicolas Zimmer will die Union wieder mehrheitsfähig machen – und sieht viele Übereinstimmungen mit den Grünen

Sie wollten mit ihrer Fraktionsklausur in Warschau Geschlossenheit demonstrieren – und das Klima unter den Abgeordneten verbessern. Ist das gelungen?

Ja. Wir haben in Warschau eine ganze Menge gelernt und gesehen. Inhaltlich haben wir mit der „Warschauer Erklärung“ über Chancen der EUErweiterung für Berlin Akzente gesetzt. Ich bin zufrieden.

Sie haben Ihren Ärger zum Ausdruck gebracht, dass eine ganze Reihe von Abgeordneten nicht am Gesamtprogramm teilgenommen hat. Fehlt die Geschlossenheit?

Das ist weniger eine Frage der Geschlossenheit als des Selbstverständnisses jedes einzelnen Abgeordneten. Wenn wir nach außen dokumentieren, dass wir uns für Themen nicht interessieren, die wir selber besetzen, dann ist das ein Problem. Wir sind hier ja nicht auf einer touristischen Veranstaltung. Das musste dem einen oder anderen gesagt werden.

Sie möchten den Rücktritt von Finanzsenator Sarrazin durch einen Misstrauensantrag erzwingen. Das Hauptverfahren ist noch gar nicht eröffnet. Gilt bei Ihnen nicht die Unschuldsvermutung?

Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Herr Sarrazin muss jetzt aber die politisch-moralische Verantwortung für sein Fehlverhalten übernehmen. Das ist ja nicht einfach nur ein Vorwurf. Die Staatsanwaltschaft erhebt nur Anklage, wenn sie eine Verurteilung wegen Untreue als wahrscheinlich erachtet. Außerdem wird Berlin durch einen angeschlagenen Finanzsenator gleich doppelt geschwächt: Erstens bringt er nicht mehr die Autorität auf, um den Haushalt zu sanieren. Zweitens ist das Thema Landesfinanzen wirklich zu wichtig, um das nebenbei zu einem laufenden Strafverfahren zu bewältigen.

Eine strukturelle Mehrheit für das bürgerliche Lager scheint im Moment in weiter Ferne. Brauchen Sie neue Wählerschichten, um dies zu ändern?

Konservatismus heißt für mich nicht, dass wir an allem Bewährten um jeden Preis festhalten müssen. Wir müssen stattdessen alles, was sich bewährt hat, auf Zukunftstauglichkeit überprüfen. Schauen Sie sich die Familienpolitik an. Viele Menschen leben in einer Verantwortungsgemeinschaft: Alleinerziehende, Familien, Lebenspartner. Egal, ob mit oder ohne Trauschein: Wichtig ist, dass Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Als Metropolen-Union müssen wir hier neue Wege gehen.

Sie gelten als Befürworter einer Annäherung von CDU und Grünen. Ist die Partei Ihr Wunsch-Koalitionspartner 2006?

Eines ist doch klar: Wir führen mit Abstand in den Umfragen als stärkste Partei. Und: Der Schwanz wedelt noch nicht mit dem Hund. Die Wertematrix unserer und der Grünen-Wähler stimmen aber in weiten Bereichen überein. Die Grünen orientieren sich fest an ethischen Prinzipien und sind dabei, eine wirtschaftsliberale Partei zu werden. Ich behaupte, dass die Schnittmengen unserer Partei mit der SPD nicht größer sind als mit den Grünen - und mit der SPD haben wir immerhin zehn Jahre koaliert. Klar ist aber auch: Es gibt noch Differenzen, vor allem in der Innen- und Migrantenpolitik. Außerdem haben wir gerade an der Basis viel gegenseitiges Misstrauen. Da müssen wir ran, und das geht nur, wenn wir vertrauensbildend zusammenarbeiten.

Wie wollen Sie denn Vertrauen schaffen?

Im Dialog. Der findet auf Arbeitsebene ja auch schon statt. Da müssen beide Seiten herausfinden, wo Übereinstimmung besteht. Wir müssen allerdings unseren Wählern deutlich machen, wo wir stehen und wo wir hinwollen.

Ihre Fraktion folgt Ihnen in dieser Frage?

Wir werden uns im Herbst noch einmal in einer Klausurtagung damit auseinander setzen. Ich sehe jedenfalls einem vertrauensbildenden Dialog mit den Grünen offen entgegen.

Als Spitzenkandidat stehen Sie 2006 nicht zur Verfügung. Wer soll es richten?

Erst das Programm, dann die Personalien. Mit unserem 100-Tage-Programm haben wir erste Bausteine vorgelegt. Wir sind uns einig, erst Ende 2005 die Personalfragen zu klären. Dazu gibt es einen klaren Beschluss der Parteiführung.

Das Gespräch führte Sebastian Bickerich.

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