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Berlin: CDU vor der Wahl: Steffels Truppe, Erhards Erbe - und ganz wenig Zeit

"Wir brauchen ein Berliner Wirtschaftswunder", sagt Frank Steffel. Hinter ihm auf der Stellwand: Ludwig Erhard.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

"Wir brauchen ein Berliner Wirtschaftswunder", sagt Frank Steffel. Hinter ihm auf der Stellwand: Ludwig Erhard. Kunterbunt eingefärbt raucht er eine lila Zigarre. Davor stehen der CDU-Spitzenkandidat und sein neues wirtschaftspolitisches Berater-Quartett. Lothar Späth, Manfred Gentz, Horst Teltschik, Eric Schweitzer. Unternehmensvorständler mit gutem Namen. "Wir wollen keine Tagespolitik für die CDU machen", sagt Daimler-Finanzvorstand Gentz. Keiner von ihnen steht für ein politisches Amt zur Verfügung, sollte Steffel nach den Wahlen am 21. Oktober Regierender Bürgermeister werden. Was tun sie dann?

Gentz will mithelfen, ein wirtschafts- und finanzpolitisches Konzept für Berlin zu entwickeln. Langfristig angelegt. Jenoptik-Chef Späth möchte, "dass die kreativsten und verrücktesten Leute in die Stadt kommen". Der BMW-Vorständler Teltschik sieht Berlin schon als "gesamteuropäisches Zentrum der wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit", orientiert an den neuen Märkten in Mittel- und Osteuropa. Der junge Alba-Chef Schweitzer will den Dienstleistungssektor stärken. Dass alle vier Steffel-Berater wenig Zeit haben für ihren neuen Nebenjob, sieht Späth nicht als Problem. Im Dienstwagen habe er immer genug Zeit, Papiere zu lesen. Per Telefonkonferenz, ab und zu, soll Steffel zur Seite gestanden werden und außerdem: "Leute, die viel Zeit haben, sind schlechte Berater, denn sie nehmen den anderen die Zeit weg."

Steffel signalisiert, dass mit Späth, Gentz & Co. auch das Wahlprogramm der Union abgestimmt wird. Bis zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase Anfang September soll das Beraterteam des CDU-Spitzenkandidaten auf etwa 15 Fachleute anwachsen, um auch Kultur und Wissenschaft, Schule, Soziales und Gesundheit mit klingenden Namen zu verbinden. Der CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach, der Ex-Generalstaatsanwalt Alexander Prechtel, die bezirkliche Ausländerbeauftragte Emine Demibürken und der ehemalige SED-Funktionär Günter Schabowski gehören - neben den gestern vorgestellten Wirtschaftsleuten - zum Team. "Lassen Sie sich überraschen, wir sind noch steigerungsfähig", sagt Steffel und freut sich. Jeder Politiker habe die verdammte Pflicht, sich mit Beratern zu umgeben, mahnt Teltschik. Er beklagt, "wie zufällig Kompetenz in der Politik vertreten ist". Da lachen die Jornalisten, die ins Foyer der CDU-Bundesgeschäftsstelle gekommen sind. Steffel sei sehr offen und nicht beratungsresistent, versichert Axel Wallrabenstein, der Marketingstratege für den CDU-Wahlkampf. "Jeder Kandidat ist nur so stark wie die Menschen, die ihn umgeben", fügt er hinzu. Die Anwerbung "absoluter Spitzenleute" für die Berater-Crew solle signalisieren, dass Steffel bereit sei, politisch ganz neue Wege zu beschreiten.

Wallrabenstein ist sicher, dass die Liste illustrer Namen bei den Wählern Eindruck hinterlassen wird. "Die Leute wollen kompetente Macher, die was durchsetzen", sagt er. An einem solchen Image für Steffel wird nun eifrig gebastelt und die PR-Strategen sind guten Mutes, dass Steffel ernst genommen wird und in der "oberen Liga" mitspielen kann.

Der ärgste politische Konkurrent, die Berliner SPD, beobachtet die öffentlichkeitswirksame Beraterkampagne der Union trotzdem sehr gelassen. "Das ist keine Politikberatung, was die machen, sondern die Inszenierung von Politikberatung", sagt SPD-Wahlkampfmanager Michael Donnermeyer. Es sei ja in Ordnung, dass sich ein Spitzenkandidat kompetente, renommierte Experten suche. "Das hat kommunikativen Reiz." Die Aktion der CDU sei also völlig legitim, "aber viel zu hektisch und absolut übertrieben", urteilt Donnermeyer. Außerdem handele es sich um eine reine Oppositionsstrategie.

Die SPD könne ihre Fachkompetenz personell über die Landesregierung abbilden, und Klaus Wowereit habe im Amt des Regierungschefs einen ganz anderen Zugang als der Oppositionschef Steffel zu wichtigen Entscheidungsträgern und professionellen Politikberatern. "Einem Regierenden Bürgermeister entzieht sich so schnell niemand, und Wowereit ist ständig im Gespräch", sagt Donnermeyer. Nein, die SPD werde wegen der CDU-Kampagne nicht nervös und mache Wahlkampf mit dem Amtsbonus des Regierenden im Rücken. "Hat Helmut Kohl im Wahlkampf jemals einen Berater präsentiert?"

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