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Berlin: CDU will die Mehrheit im Verfassungsgericht - Dabei würden die Grünen auf der Strecke bleiben

Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) hat für heute die Chefs der vier Fraktionen zum Frühstück eingeladen. Er will ihnen ins Gewissen reden, bis "weißer Rauch aufsteigt".

Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) hat für heute die Chefs der vier Fraktionen zum Frühstück eingeladen. Er will ihnen ins Gewissen reden, bis "weißer Rauch aufsteigt". Führer will die Blockaden gegen die seit einem Jahr fällige Neuwahl von fünf der neun Mitglieder des Berliner Verfassungsgerichtshofes aufbrechen und erreichen, dass die fünf am 24. Februar, spätestens 9. März gewählt werden: "Alles andere ist für mich nicht tragbar. Mit dem Streit auf dem Rücken der Betroffenen kann man das höchste Berliner Gericht nur beschädigen." Man müsse ins Kalkül ziehen, "dass der eine oder andere Richter sagt, ich mache nicht mehr weiter". Am 26. März 1999 endete die gesetzliche siebenjährige Amtszeit von Präsident Klaus Finkelnburg und weiterer vier Verfassungsrichter. Sie amtieren seither auf Abruf bis zur Wahl ihrer Nachfolger.

Führer hat durchaus seinen CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky im Visier: "Ich glaube nicht, dass Landowsky die Sache auf die Spitze treiben will." Die Fraktionen streiten um die Vorschlagsrechte für die Kandidaten, also um Machtfragen. Alle meinen zwar vornehm, in der Zusammensetzung des Verfassungsgerichtshofes müssten sich die wesentlichen rechtspolitischen Strömungen widerspiegeln, aber sie haben den Proporz im Kopf, den es nach dem Gesetz über den Verfassungsgerichtshof nicht gibt. Die Sache ist schwierig, denn für die Wahl der Verfassungsrichter ist die Zweidrittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus nötig.

Als stärkste Fraktion will die CDU wieder den Präsidenten und zwei weitere neue Verfassungsrichter stellen, der SPD und PDS je einen zubilligen. Die Grünen würden danach leer ausgehen und wären im Verfassungsgericht nicht mehr vertreten. Bei neun Köpfen ergibt sich nach der CDU-Rechnung das Gesamtverhältnis 5 CDU, drei SPD, einer PDS. Dagegen machen die Grünen mit Unterstützung der PDS vehement Front. Beide Oppositionsfraktionen fordern eine interfraktionelle Kandidatenliste, die zum Gesamtverhältnis 4:3:1:1 führt. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast wandte sich gestern zornig gegen ein "CDU-Verfassungsgericht", das "nicht die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses widerspiegelt". Die SPD will zwar auch die "Dominanz der CDU verhindern" und "respektiert den Wunsch der Grünen", hält sich aber bedeckt: "Das Gesamtpaket muss stimmen." Dazu zählt sie indirekt noch eine andere Personalie: die Nachfolge des Oberverwaltungsgerichtspräsidenten Dieter Wilke, der demnächst in Pension geht. Der Wilke-Nachfolger steht aber nicht im Parlament zur Wahl.

Auch die CDU schweigt sich offiziell aus. Hinter vorgehaltener Hand sieht sie jedoch für die Grünen "kein Licht"; die seien schließlich aus der Berliner Wahl "geschwächt" hervorgegangen. Allerdings werde man wohl auch mit drei CDU-Parteikandidaten nicht durchkommen. Die CDU will die SPD mit einem Deal gewinnen: zwei CDU-Männer, eine parteilose Person als gemeinsamer Vorschlag der Koalition. Als Nachfolger von Klaus Finkelnburg will die CDU den FU-Rechtsprofessor Helge Sodan (CDU) durchsetzen. Ferner schlägt sie Rechtsanwalt Dietrich Mahlo (CDU, früher nacheinander Mitglied des Abgeordnetenhauses und des Bundestages) vor. Vorbehalte hat die SPD gegen die parteilose CDU-Kanidatin Cornelia Broy-Bülow (Verwaltungsrichterin). Die SPD hat Andreas Knuth (SPD, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder) ausgeguckt. Wunschkandidat der Grünen ist Matthias Zieger (Rechtsanwalt). Die PDS nennt den Namen ihrer Favoritin nicht. Eine parteilose Juristin "aus dem Westen" sei es.

Außer Finkelnburg (CDU) scheiden aus: Veronika Arendt-Rojahn (Grüne), Hans-Joachim Driehaus (CDU), Klaus Eschen (SPD) und Philip Kunig (FDP). Dagegen bleiben im Amt: Vizepräsident Ulrich Storost (SPD), Renate Möcke (SPD) und Albrecht Randelzhofer (CDU), die bis 2004 gewählt sind, wowie Angelika Bellinger (ebenfalls auf CDU-Ticket) bis 2005.

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