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Berlin: Charité-Ärzte verdienen Millionen mit Nebenjobs

Rekorderlöse durch Privatpatienten und Gutachten

Während bundesweit Klinik-Ärzte für höhere Gehälter streiken, erwirtschaften manche Chefärzte an der Charité in aller Stille Rekorderlöse aus Nebentätigkeiten: Von den 199 Charité-Medizinern, die dazuverdienen dürfen, haben im vergangenen Jahr 28 jeweils mindestens 500 000 Euro mit der Behandlung von Privatpatienten oder mit Gutachten erlöst. Der Spitzenreiter, ein Radiologe, brachte es 2005 auf einen Nebenverdienst von mehr als 2,75 Millionen Euro. Das geht aus der gestern veröffentlichten Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Berliner Abgeordneten Lisa Paus (Bündnis 90/Grüne) hervor. Dagegen nimmt sich das Grundgehalt, das sie als Hochschullehrer an der Universitätsklinik bekommen, bescheiden aus. Es liegt laut der Deutschen Angestelltenkrankenkasse bei durchschnittlich 75 000 Euro,

Etwa die Hälfte der Nebenhonorare dürfen die Charité-Chefärzte, die noch Altverträge haben, behalten. Einen Teil davon können sie – freiwillig – an ihre Mitarbeiter als Prämien für die zusätzliche Arbeit zahlen. Der Arbeitgeber erhält die andere Hälfte, zum Beispiel für die Nutzung der Klinik-Geräte und -Räume. Von den rund 42,8 Millionen Euro Nebeneinkünften, die die Charité-Ärzte insgesamt 2005 erlösten, erhielt das Klinikum knapp 21 Millionen. In anderen deutschen Universitätskliniken ist dieser Anteil viel höher. Deshalb hat die Charité in den Verträgen für neu eingestellte leitende Mediziner seit 2005 das Privileg gestrichen, die Behandlung von Privatpatienten auch privat abzurechnen. Die Löhne von Institutsdirektoren und Abteilungsleitern bestehen stattdessen aus einem Sockelbetrag und einer Leistungsprämie. Damit erhofft sich die Charité-Leitung, jährlich 40 Millionen Euro zu erwirtschaften. Doch bis alle Mediziner mit Altverträgen ausgeschieden seien, dauere es wohl bis zu 30 Jahre, sagt Charité-Sprecherin Kerstin Endele. Und erst dann könne man auch die Maximalsumme erreichen.

„Die Privatliquidation gehört für alle sofort abgeschafft“, sagt dagegen Lisa Paus, wissenschaftspolitische Sprecherin der Berliner Grünen. Das sei nicht mehr zeitgemäß. „Während den anderen Mitarbeitern der Charité immer neue finanzielle Opfer abverlangt werden, steigen die Nebenverdienste der Chefärzte.“ 2003 betrugen die Gesamt-Nebenerlöse noch rund 1,5 Millionen Euro weniger als 2005.

Wie schwierig es ist, Chefmedizinern an die Privilegien zu gehen, zeigt der juristische Streit um Nebeneinkünfte, den die Charité-Leitung seit nunmehr sechs Jahren mit acht Professoren austrägt. Dabei geht es um Forderungen von insgesamt rund acht Millionen Euro für deren Dienstleistungen für andere Kliniken, auf die die Charité einen Anspruch zu haben glaubt – und damit bisher bei den meisten Verfahren auch Recht bekam. Aber rechtskräftig sind die wenigsten Urteile, weil die betroffenen Professoren immer wieder in Berufung gehen.

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