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Berlin: Charité: Aufsichtsrat will Verträge prüfen

Ermittlungen gegen Ex-Klinikchef Motzkus nähren Zweifel an Kooperation mit Tochterfirmen

Die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen den ehemaligen Verwaltungsdirektor der Charité, Bernhard Motzkus, werden am heutigen Freitag auch den Aufsichtsrat des Universitätsklinikums beschäftigen. Dem Vernehmen nach soll dabei auch entschieden werden, alle Verträge mit Tochterfirmen des Universitätsklinikums zu überprüfen. Wie gestern berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Motzkus wegen des Verdachts der Untreue.

Die Grünen im Abgeordnetenhaus fordern nun, den bis Ende 2005 laufenden Beratervertrag von Motzkus sofort zu beenden. „Der neue Vorstandsvorsitzende der Charité, Detlev Ganten, muss dafür Sorge tragen, dass sämtliche erforderlichen Akten der Staatsanwaltschaft unmanipuliert zur Verfügung gestellt werden“ , sagt Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen.

Die alte Charité hat unter der Leitung von Bernhard Motzkus vor der Fusion mit dem Benjamin Franklin Klinikum am 1. Juni vergangenen Jahres rund 20 Verträge mit Firmen abgeschlossen, die für das Klinikum Dienstleistungen erbringen, wie zum Beispiel Entsorgungs- und Wachschutzfirmen. Darunter sind auch zwei Unternehmen, an denen die Charité beteiligt ist. Die einzige hundertprozentige Tochter des Klinikums ist die Gesundheitsdienstleistungs-GmbH (GDL), bei der zurzeit 70 Mitarbeiter beschäftigt sind. Sie managt beispielsweise die Fortbildung für die Charité-Mitarbeiter, führt die Personalakten der studentischen Hilfskräfte und akquiriert und rechnet die Behandlungen ausländischer Patienten ab. Die GDL- Dienstleitungen für die Charité hatten im Jahr 2003 einen Gesamtumfang von rund sechs Millionen Euro. Die entsprechenden Verträge sind unbefristet und haben eine Kündigungsfrist von sechs Monaten.

Offiziell will die Staatsanwaltschaft weiterhin keine Stellung zu den Ermittlungen nehmen. Nach Tagesspiegel-Informationen bemängeln die Ermittler unter anderem, dass die mit der GDL vereinbarten langfristigen Verträge für die Betreuung ausländischer Patienten ohne vorherige Ausschreibung abgeschlossen wurden. Außerdem habe die Charité keinen Gewinn durch die Tätigkeit der GDL gemacht. Das Tochterunternehmen verdiene mit dem Marketing zur Akquise ausländischer Patienten Geld, aber die Charité habe nichts davon. Damit bestehe der Verdacht, dass bei dem Kooperationsvertrag „zum Nachteil der öffentlichen Hand gehandelt wurde“.

Motzkus hält dagegen: „Diese Verträge sind rechtlich mehrfach überprüft und nie beanstandet worden.“ Außerdem habe er mit dieser Kooperation der Universitätsklinik einen großen Nutzen verschafft. „Der Vorteil bestand einerseits in einem besseren Service für ausländische Patienten, die ja eine Menge Geld in die Charité bringen, und zum anderen darin, dass bei dieser Dienstleistung keine Mehrwertsteuer fällig wurde.“ Zu dieser Konstruktion habe der Steuerberater geraten.

Schon mehrmals waren die diversen Ausgründungen von Firmen aus der Charité in die Kritik geraten. So zum Beispiel 2002 die „Klinikreinigungs- und Service GmbH (KRS)“. An dieser Firma besitzt die Charité die Stimmenmehrheit. Motzkus war in einer Nebentätigkeit damals auch Geschäftsführer der KRS, weshalb Oppositionsparteien seinen Rücktritt forderten – ohne Erfolg. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Ende 2002 ein Vorprüfungsverfahren gegen Motzkus eröffnet. Dabei ging es um Beraterverträge aus der ersten Hälfte der 90er Jahre, die Motzkus abgeschlossen haben soll. Die Prüfung wurde aber schnell wieder eingestellt, weil die Vorwürfe verjährt waren.

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