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Berlin: Charité muss mehr Personal abbauen

Die Finanzlücke bis 2010 wächst. Jetzt fehlen 266 Millionen Euro. Doch der Senator ist optimistisch

Die Charité muss bis zum Jahr 2010 mehr Personal abbauen, als ursprünglich geplant. Laut dem überarbeiteten Unternehmenskonzept, das der Vorstand des Universitätsklinikums gestern dem Aufsichtsrat vorlegte, sollen in den kommenden fünf Jahren 2450 von derzeit rund 10 940 Vollzeitstellen wegfallen, darunter über 440 Arztstellen, rund 490 Arbeitsplätze in der Pflege und rund 530 in der Verwaltung. Das sind fast 170 Stellen mehr, als noch im Februar angekündigt. Davon könne man 1870 Stellen durch Abfindungsregelungen, durch Nichverlängerung befristeter Verträge und durch die natürliche Fluktuation freibekommen. Dem Rest müsse man betriebsbedingt kündigen – oder man senke die Gehälter noch weiter ab, als derzeit sowieso schon verhandelt wird. Durch den Abbau sollen 130 Millionen Euro Personalkosten gespart werden.

Hintergrund ist das immer größer werdende Defizit, dass der Vorstand für das Jahr 2010 prognostiziert. Wenn man nicht gegensteuere, klaffe dann eine Finanzlücke von 266 Millionen Euro im Budget. Vor sechs Monaten schätzte der Vorstand dieses Minus noch auf 212 Millionen Euro – und musste seit dem die Schätzung mehrfach nach oben korrigieren. Trotzdem hält der zuständige Wissenschaftssenator Thomas Flierl (Linkspartei) zum Vorstand. „Die Korrekturen waren nötig, weil sich die finanziellen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen sehr schnell ändern“, sagt er dem Tagesspiegel. Ursachen des dramatischen Einbruchs ist das neue Finanzierungssystem der deutschen Kliniken. Diese werden von den Krankenkassen nicht mehr pro Liegetag eines Patienten bezahlt, sondern pauschal nach der behandelten Krankheit. Außerdem reduziert der Senat seinen Zuschuss an das Klinikum um 65 Millionen Euro im Vergleich zu 2005.

Das aktualisierte Unternehmenskonzept berücksichtige alle Risiken und sei plausibel, lobt Flierl. Nun müsse es auch umgesetzt werden. Und das bedeutet vor allem, dass die laufenden Tarifverhandlungen mit den Beschäftigten abgeschlossen werden. Ziel sei: Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich. Doch Flierl ist optimistisch: „Beide Seiten zeigen Verständigungsbereitschaft – auch wenn es noch Dissenzen gibt.“ So könne die Charité es keinesfalls schultern, dass – so eine Forderung der Gewerkschaften – ab 2011 der Charité-Tarif automatisch auf das Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst übergehen soll.

Das Klinikum forciert deshalb auch die geplanten Umzüge. So wird an der Aßmannshauser Straße in Wilmersdorf schon zum Wintersemester 2006 die Zahnklinik konzentriert, wohin auch die Zahnmedizin aus Wedding zieht. Das Gebäude habe einen geringeren Sanierungsbedarf und koste weniger im Unterhalt.

Unterdessen muss sich Flierl Kritik von Wirtschaftssenator Harald Wolf (ebenfalls Linkspartei) anhören. Die Charité plant, den gesamten Servicebereich – wie Reinigung, Wäscherei und Küche – an nur einen Auftragnehmer zu vergeben, mit dem das Klinikum eine gemeinsame Tochterfirma gründet. Der Auftrag hat ein Volumen von 140 Millionen Euro jährlich, die Charité will so 40 Millionen pro Jahr einsparen. Dieser Großauftrag sei nicht mittelstandsfreundlich, kritisiert Wolf. „Es wäre günstig gewesen, man hätte getestet, ob eine Vergabe der Einzel-Bereiche an mehrere kleinere Partner nicht ökonomischer gewesen wäre“, sagt Wolfs Sprecher Christoph Lang.

„Ich muss die Charité und deren Arbeitsplätze im Auge behalten und bin nicht für die Mittelstandsförderung zuständig“, meint dagegen Flierl. Der Vorstand habe den Aufsichtsrat davon überzeugt, dass man durch das Komplettpaket die größte Einsparung erreiche.

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