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Charlottenburg: Die Angst vor dem Halbmond in der Nachbarschaft

In Charlottenburg will der Kreuzberger Verein Inssan ein Kulturzentrum bauen Anwohner und Baustadtrat haben Bedenken. Körting verteidigt das Projekt.

Im Herbst schien alles klar zu sein: Die Bezirksverordneten in Charlottenburg-Wilmersdorf beschlossen, das Moschee- und Kulturzentrum des Vereins Inssan in der Nähe des Mierendorffplatzes zu realisieren. Auf 4800 Quadratmetern Nutzfläche will der 50 Mitglieder zählende Verein Gebetsräume für 700 Gläubige errichten, dazu Versammlungsräume, eine Kita, ein Restaurant und Geschäfte. Inssan schätzt die Baukosten auf sechs Millionen Euro. Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) hatte im Juli 2007 gesagt, er sehe „keine baurechtlichen Einwände“ gegen den geplanten Standort an der Keplerstraße. In Gewerbegebieten, das hatte auch der Streit um die Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde in Heinersdorf gezeigt, dürfen Moscheen gebaut werden.

Auch der Verfassungsschutz und Innensenator Ehrhart Körting (SPD) haben gegen den Kreuzberger Verein nichts einzuwenden. Der Verein habe Verbindungen zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die vom Verfassungsschutz als Hort der fundamentalistischen Muslimbruderschaft eingeschätzt wird, sagt Körting, aber Inssan selbst habe nichts mit gewaltbereiten Gruppen zu tun und sei dialogfähig.

Seit einer Woche hat Baustadtrat Gröhler nun doch Bedenken. Inssans Moschee- und Kulturzentrum sei an dieser Stelle nicht zulässig. Innensenator Körting hält Gröhlers baurechtliche Argumente für „fadenscheinig“. In einem Gewerbegebiet sei ein Moscheebau immer möglich, vielleicht nicht mit Versammlungsräumen und Kita. Aber der reine Moscheebau durchaus.

Neben der baurechtlichen Frage ist seit einer Woche auch eine inhaltliche Debatte um Inssan entbrannt. Denn die neu gegründete Bürgerinitiative „Menschen am Mierendorffplatz“ hat die Verbindungen von Inssan zur Muslimbruderschaft gründlich recherchiert. Nicht alles, was die Anwälte, Architekten, Künstler und ein Journalist zusammengetragen haben, überzeugt, aber vieles weist darauf hin, dass Mitglieder des konservativen Vereins Inssan enger mit der IGD verflochten sind, als bislang bekannt war.

Zudem hat ein Geldgeber für die geplante Moschee zwielichtige Verbindungen zur Muslimbruderschaft. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen Moscheebauten“, heißt es beim Bürgerverein, „aber aufgrund unserer Recherchen haben wir Bedenken gegenüber diesem Projekt.“ Inssan vertrete eine „antiintegrative Form des Islam“. Außerdem bereitet die geplante Größe Sorge. Die Kirche St. Afrem in der Nähe des Mierendorffplatzes biete ebenfalls 700 Betenden Raum, dazu Gemeinderäume und Wohnungen, brauche aber nur 1600 Quadratmeter.

Inssan weist die Anschuldigung, einen antiintegrativen Islam zu vertreten, empört zurück und wirft der Bürgerinitiative „islamophobe Motive“ vor. Seit der Vereinsgründung im Jahr 2002 habe man sich mit vielen Projekten „für die Verständigung, den Respekt und die Zusammenarbeit verschiedenster Kulturen, Religionen und gesellschaftlicher Akteure eingesetzt“ – etwa durch eine Kampagne in der eigenen Community gegen Zwangsheirat oder mit der Veranstaltungsreihe „Begegnungen“, bei der im Herbst im Jüdischen Museum Juden und Muslime debattierten. Wegen dieser Projekte haben auch immer wieder Prominente wie die frühere Berliner Integrationsbeauftragte Barbara John, Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth oder der Grünen-Europapolitiker Cem Özdemir den Verein verteidigt. Die Verbindungen zur IGD will Inssan aber nicht aufgeben. Die IGD respektiere das Grundgesetz, weshalb man „keine Veranlassung“ sehe, sich zu distanzieren. „Im Gegenteil werden wir uns bemühen, die Zusammenarbeit mit unseren zahlreichen muslimischen Partnern zukünftig zu intensivieren“, schrieb Inssan in einer Pressemitteilung.

SPD, FDP und Grüne in Charlottenburg sind immer noch dafür, das Moscheezentrum zu verwirklichen. Dafür müsste der Bezirk, folgt man Gröhlers Argumentation, den Bebauungsplan ändern. Die CDU will sich Ende April entscheiden.

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