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Der Besuch des Mauermuseums am Checkpoint Charlie ist für die meisten Berlin-Touristen Pflicht. Michail Chodorkowski wählte den Ort für die erste Pressekonferenz nach zehn Jahren Haft in Russland.

© dpa

Update

Checkpoint Charlie in Berlin: Zukunft des Mauermuseums ungewiss

Als Ort für seine erste Pressekonferenz nach zehn Jahren Haft in Russland wählte Michail Chodorkowski am Sonntag das Mauermuseum am Checkpoint Charlie. Seither ist es auf allen Kanälen zu sehen. Grund zum Jubeln? Nicht ganz, das Haus hat Probleme.

Gibt’s hier was umsonst? Oder superbillig? Es ist der 23. Dezember, Montagvormittag. Menschen drängeln sich durch die Türen im Parterre des Altbaus an der Friedrichstraße 43-45, andere warten in Gruppen davor. Aber das hier ist kein Supermarkt oder neu eröffneter Schnellimbiss. Es ist ein Museum. Eines, auf dessen Besucherzahlen andere Berliner Museen zuweilen neidisch schielen. Die Menschen strömen ins private Mauermuseum am Checkpoint Charlie, das seit 50 Jahren zahlreiche Fluchtversuche aus der DDR und den Kampf um die Menschenrechte dokumentiert.

Hier trat Michail Chodorkowski am vergangenen Sonntag vor die Presse nach seiner Freilassung aus russischer Haft. Er fühlt sich dem Museum verbunden, weil es auch seinen Fall seit zwei Jahren vorstellt. Die Bilder von Chodorkowski im Haus am Checkpoint Charlie gingen um die Welt. Doch eigentlich hat das Museum Werbung kaum mehr nötig. Es war in der Woche vor der spektakulären Pressekonferent schon genau so rappelvoll wie am Tag danach.

Lösung für Mauermuseum in Sicht?

Die Kasse müsste also stimmen. Doch vor mehr als einem Jahr ist das Museum in eine existenzbedrohende Auseinandersetzung mit einer Bank geraten. Es geht um einen bis zu zweistelligen Millionenbetrag, den die Betreiber der Ausstellung angeblich noch nicht für einen missglückten Immobiliendeal gezahlt haben – aber möglicherweise auch gar nicht zahlen können. Am Montag erfuhr der Tagesspiegel nun die gute Nachricht: In das Gezerre um die Finanzen ist „Bewegung gekommen“, wie aus Verhandlungskreisen zu hören war. Die Bank und die Museumsbetreiberin strebten eine „gütliche Einigung“ an, weshalb eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung wohl hinfällig werde. Noch sei allerdings nichts unterschrieben, heißt es.

Damit deutet sich möglicherweise eine Lösung an. Es geht um zwei Immobilien: um das „Haus am Checkpoint Charlie“, also das Stammgebäude des Museums. Sowie um das angrenzende Eckhaus zur Zimmerstraße, das seit einigen Jahren für die erweiterte Ausstellung mitgenutzt wird. Von 2005 bis 2007 erwarb der Trägerverein des Museums beide Häuser. Doch seither warten die damaligen Verkäufer nach ihrer Darstellung vergeblich auf die geforderten Millionensummen. Der Kaufvertrag zwischen Museumschefin Alexandra Hildebrandt und der Bank FMS Wertmanagement (FMSW) wurde zwar inzwischen teilweise rückabgewickelt, sogar eine Zwangsvollstreckung war angestrebt – gegen diese ging Hildebrandt aber mit einer Klage vor dem Landgericht offenbar vorerst erfolgreich vor.

Bei der Bank FMS Wertmanagement (FMSW) wollte man sich am Montag nicht dazu äußern. Museumschefin Alexandra Hildebrandt sagt: „Wir haben keine Schulden“, auch wenn das Museum „von der Hand in den Mund“ lebe. Laut Hildebrandt besuchen jährlich bis zu eine Million Menschen die Einrichtung, „Tendenz steigend“. Dennoch reichten die Eintrittsgelder gerade mal aus, um die Betriebskosten zu decken. Gezeigt werden präparierte Fluchtfahrzeuge ehemaliger DDR-Bewohner, Heißluftballons, Fotos von Tunneln und anderen Fluchtwegen. Zwar war noch von Hildebrandts Ehemann, der das Museum 1963 gründete, eine Stiftung aufgebaut worden. Diese verfüge jedoch nicht über das Kapital zur „dringend nötigen Erweiterung“ der Museumsfläche auf Nachbarareale.

Pläne des Senats erschweren Situation für Mauermuseum

Finanzielle Hilfen des Senats bekommen die Betreiber nicht. Für Alexandra Hildebrandt hat das Vorteile. So müsse sie in der „politischen Arbeit“ weniger Rücksicht nehmen. Nach ihren Worten unterstützt das Museum Menschen, deren Angehörige in sowjetischen Lagern inhaftiert wurden und die nach deren Verbleib fahnden. Außerdem habe man dazu beigetragen, dass 14 in der DDR zum Tode verurteilte politische Gefangene rehabilitiert worden seien.

Ein bis zwei Stunden im Mauermuseum – das gehört zur Pflichtkür von Berlin-Touristen. Konkurrenz ist aber schon in Aussicht. Wie berichtet, will der Senat am Checkpoint Charlie ein „Museum des Kalten Krieges“ einrichten. Günter Kolodziej, Sprecher der Senatsverwaltung für Kultur, sagt: „Wir sind weiter darum bemüht, das geplante Zentrum an diesem historisch ausgewiesenen Ort aufzubauen.“ Wie aus Senatskreisen zu hören ist, will das Land für die Ausstellung Räume in einem geplanten Neubau an der Mauerstraße mieten. Infrage kommt ein Grundstück, das einem irischen Immobilienentwickler gehört. Dieser möchte dem Vernehmen nach aber nicht selbst bauen, sondern das Grundstück an einen Investor weiterverkaufen. Mit diesem könnte der Senat dann erst einen Mietvertrag abschließen. Deshalb liegen die Pläne vorerst auf Eis.

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