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Berlin: Chianti - auf dem Weg vom Massen-Wein zur gehobenen Qualität

Kaum ein Wein hat sein Image so gravierend gewandelt wie der Chianti. Zwischen der Dröhnung für Touristen und Jugendzeltlager, abgefüllt in die Zwei-Liter-Bastflasche, und dem weltweit gesuchten Spitzenrotwein lagen nur gut zwei Jahrzehnte.

Kaum ein Wein hat sein Image so gravierend gewandelt wie der Chianti. Zwischen der Dröhnung für Touristen und Jugendzeltlager, abgefüllt in die Zwei-Liter-Bastflasche, und dem weltweit gesuchten Spitzenrotwein lagen nur gut zwei Jahrzehnte. Dabei war die Ausgangslage vergleichbar mit der Situation aller schlechten Weine in der Welt. Jeder Acker wurde zum Weinbau genutzt, und man nahm alles in die Flaschen, was die Rebstöcke an Menge hergaben.

Das ist Vergangenheit. Heute sind die Erzeuger auf halbierte Hektarerträge von 50 Hektolitern verpflichtet, und sie dürfen der Hauptrebsorte Sangiovese zur Abrundung maximal zehn Prozent andere Reben wie Cabernet Sauvignon oder Merlot unterschieben, was die Qualität in aller Regel erhöht. "Riserva" garantiert einen Jahrgangswein, der frühestens nach zweieinhalb Jahren in den Handel kommt - überwiegend eine Selektion aus den besten Trauben und hochwertigsten Lagen des Gutes.

Die Preise für bestimmte Einzellagen-Chiantis berühmter Erzeuger bewegen sich unterdessen auf die 100-Mark-Grenze zu, aber das ist heute nicht unser Thema. Hier geht es um den Beweis, dass sich auch im Supermarkt für exakt 14,99 DM eine Qualität finden lässt, die gegen die Luxus-Abfüllungen mit Anstand bestehen kann. Jede Reichelt-Filiale hat derzeit den 1995er Chianti Classico Riserva der Marke Laborel in den Regalen. Er kommt vom großen Traditionsbetrieb Melini, der seit einigen Jahren zur "Gruppo Italino Vini" gehört - allerdings hat sich dadurch wenig verändert. Der Önologe Nunzio Capurso hat hier einen typischen Classico geschaffen, einen satt rubinroten Schmeichler mit Rückgrat. In der Nase dominiert das unverkennbare Sangiovese-Bukett mit Anklängen von Veilchen und Lilien, auf der Zunge überzeugt die runde, süße Frucht; nach drei Jahren im Eichenholz ist der "Laborel" eindeutig trinkreif, aber noch nicht auf dem Höhepunkt. Insgesamt ein äußerst faires Angebot und (auch) eine Einstiegsdroge für ungeübte Weintrinker, die die weihevolle Stimmung des Fachgeschäfts eher scheuen. Aus dem Regal nehmen, bezahlen, genießen - das kann jeder.

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