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Berlin: Chile si – Junta no

WM 1974: Proteste beim Spiel der BRD

…und Beckenbauer schob den Ball nach rechts zu Breitner, das Tor 30 Meter entfernt, Breitner legte den Ball etwas vor und zog mit rechts ab – Tor! Der chilenische Torwart war nicht so doll. Die Bundesrepublik Deutschland führte nach 18 Minuten 1:0. Es war ein Freitag, die Sonne knallte auf Berlin, 14. Juni 1974, Olympiastadion, Weltmeisterschaft.

Im Tagesspiegel stand tags darauf: „Wie die Befehlsstelle der Polizei mitteilte, wurde lediglich kurz vor Beginn des Spiels auf einem Zuschauerblock unterhalb der Anzeigentafel Transparente mit der Aufschrift ‚Chile si – Junta no‘ gezeigt.“ Es hatte auch Sprechchöre und Trillergepfeife gegeben. Ich saß mit im Oberring, einer von 86000, umgeben von Männern mit langen Haaren und Bärten. Eine sympathische Form der Demonstration, monatelang vorbereitet. Ein wenig Fußball gucken, ein wenig Krawall machen.

Im September zuvor hatte General Pinochet in Chile den gewählten Präsidenten Allende weggeputscht. Und die Spiele der Chilenen bei der WM waren praktischerweise nach Berlin gelegt worden. Wir kauften haufenweise Eintrittskarten. Ich hatte allerdings die kleine Sorge, es könnte Krach mit der Polizei geben und ich würde wegen einer Verhaftung das erste WM-Spiel meines Lebens verpassen. Es war dann ein grausig schlechter Kick, die Polizei blieb ruhig, das 1:0 hielt. Ich sehe heute noch Breitners Ball fliegen, weit und weiter… und nach dem Spiel hatte ich einen fürchterlichen Sonnenbrand. Und Pinochet, der alte Sausack, lebt immer noch.

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