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Chocolaterien: Süßes will bemuttert werden

Festliche Versuchung: In der Vorweihnachtszeit haben auch die kleinen, aber feinen Chocolaterien Hochsaison. Von einem Gespenst aus Marzipannougat bis hin zu Schokonudeln umfasst ihr Angebot zahlreiche Schmankerl.

Wer hat als Kind nicht davon geträumt: den ganzen Tag Schokolade naschen dürfen – cremige Vollmilch, knackige mit Nüssen oder weiße mit Früchten. Und ohne dass wie plötzlich ein erwachsener Spielverderber auftaucht und „Jetzt aber Schluss!” befiehlt. Einige Menschen in Berlin haben sich den Traum erfüllt. Von früh bis spät sind sie von verführerisch duftender, herrlich schmeckender und dazu selbst gemachter Schokolade umgeben.

Zu ihnen gehört Esther Kempa. Seit acht Jahren betreibt die 42-Jährige in Schöneberg „Estrellas Chocolaterie“. Die Kunden kaufen gern die handgemachten Figuren wie den „Geist der Weihnacht“, ein kleines Gespenst aus Marzipannougat, das mit mit weißer Schokolade überzogen ist, und den „Weihnachtspinguin“. Zu Kempas Klassikern zählen außerdem weiße Schokolade mit Lakritze, Tafeln mit Magnolien-, Rosen- oder Jasminblüten sowie die auch nach zehn Jahren durch den Film „Chocolat“ mit Juliette Binoche noch immer beliebten Chili-Varianten. Nicht zu vergessen die Chocolat d’Amour mit ätherischen Ölen und Gewürzen. „Die aphrodisierende Wirkung findet natürlich vor allem im Kopf statt“, sagt die ausgebildete Tänzerin lächelnd. Wer muffelig auf dem Sofa sitze und alles hinunterschlinge, dem verhelfe auch die tollste Schokolade der Welt nicht zu sinnlichen Höhenflügen.

Weihnachten sei für Schokoladenhersteller und -liebhaber eine lebendige Zeit, in der man ruhig viel ausprobieren solle, sagt Kempa. So passten Sorten mit Nougat und Gewürzen besonders gut zu Rotweinen mit einer leichten Barrique-Note. Doch die Zeit des vermehrten Schokoladenkonsums habe auch Schattenseiten, da viele Kunden zu wenig über den Zusammenhang von billiger Schokolade und Kinderarbeit wüssten. „Wenn eine Tafel Schokolade mit Kakao, der zu den Luxusgütern zählt, im Supermarkt nur 80 Cent kostet, frage ich mich, was da nicht stimmt“, sagt Kempa. Sie bezieht ihren Kakao von einem Lübecker Händler, der nur fair gehandelte Rohstoffe verkauft. „Die großen Firmen, aber auch die kleinen Produzenten könnten viel mehr tun“, meint Kempa. Doch ohne den Verzicht der Konsumenten auf fragwürdige Produkte werde sich nichts bewegen. Der Anteil der fair gehandelten Schokolade liegt in Deutschland nach Auskunft der Kölner Organisation „Trans Fair” weit unter einem Prozent.

Auch im „Atelier Cacao“ in Mitte wird hinter großen Fenstern, durch die der Kunde den Herstellungsprozess beobachten kann, nur fair gehandelter Kakao aus Peru verarbeitet. Die Inhaberinnen Nina Engel und Katharina Kraft erleben in der Linienstraße nach ihrer Ausbildung als Konditorinnen gerade ihr zweites Weihnachtsgeschäft. Besonders beliebt sind die Sorten Vollmilch mit Zimt, Edelbitter mit Lebkuchengewürzen und die „Schokolade am Stiel“, eine heiße Trinkschokolade. „Die Herstellung birgt keine großen Geheimnisse, nur viel Liebe“, sagt Engel. Schwierig sei es aber, den Temperierungsvorgang zu erlernen. „Denn Schokolade braucht stete Obacht, sie will bemuttert werden“, sagt die 32-Jährige. Das wissen auch Kathrin Weimar, die im September in Köpenick die „Chocolaterie Catherine“ eröffnet hat und dort neben den Klassikern Orangen-Marzipan und Spekulatius-Trüffel auch Pralinenkurse anbietet, sowie Bea Edelmann, die in Schönerlinde eine Schokoladenmanufaktur betreibt. Die 50-Jährige verkauft ihre Produkte auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt. Sie ist ein großer Fan von weißer Schokolade mit echten Früchten und von kleinen hauchdünnen Täfelchen, die sie „Disken“ nennt. Und sie führt sogar Badeschokolade für zarte Haut und einen Balsamicoessig mit Schokolade. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, sagt Edelmann – und bietet ab kommender Woche auch Schokoladennudeln an.

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