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Berlin: ChristiansenaufTürkisch

Die Journalistin Bilkay Öney moderiert heute eine ganz besondere Ausgabe der „Abendschau“

Winston Churchill gefällt ihr. Herbert Wehner wäre auch ihr Typ. Bilkay Öney mag kauzige, kantige Männer, die sich um die Gesellschaft und die Bereicherung des nationalen Zitatenschatzes verdient gemacht haben. Bei den Frauen bevorzugt sie die Mischung „feminin und tough“, ein bisschen Sabine Christiansen, ein Schuss Renate Künast und viel Sandra Maischberger. Wofür die Marke Bilkay Öney stehen könnte, wird sich heute Abend zeigen. Die 34-jährige TV-Journalistin des türkischen Senders TRT moderiert um 23.35 Uhr die erste RBB-Abendschau auf Türkisch.

Den Auftritt verdankt Bilkay Öney dem türkischen Kulturfestival „simdi-now“, das heute beginnt. Der RBB begleitet das Festival mit Beiträgen über türkische Künstler, und Fernsehdirektor Gabriel Heim kam auf die Idee, das SFB-Flaggschiff „Abendschau“ mal unter dem Halbmond segeln zu lassen. Bilkay Öney findet die Idee sehr mutig: Anfangs hatte sie Bedenken, ob die „provinziellen Berliner“ das akzeptieren würden.

Die Journalistin scheint für den Job vor der Kamera wie geschaffen. Sie sieht gut aus, spricht perfekt Deutsch und offenbar ebenso gut Türkisch. Sprachen hätten ihr schon immer gelegen, erzählt sie. „Auf dem Gymnasium in Siemensstadt stand ich einmal in Englisch, Latein und Französisch auf Eins.“ In ihrer Klasse war sie die einzige Türkin – auch das forderte ihren Ehrgeiz heraus. Nach der Schule ging sie an die TU, um Medienberatung und Betriebswirtschaft zu studieren. Über ein Praktikum beim deutschtürkischen Stadtmagazin „Merhaba“ kam sie zum Schreiben. Dann eröffnete der öffentlich-rechtliche TRT sein Auslandsbüro in Berlin, Bilkay bewarb sich und wurde Redakteurin. Im Moment arbeitet sie an einer Serie über erfolgreiche Türken in Deutschland. Eigentlich könnte sie sich auch selbst porträtieren.

Von den Bündnisgrünen, bei denen sie viele Freunde hat, wurde sie als Wahlfrau in der Bundesversammlung entsandt. Da saß sie dann neben Staatsministerin Kerstin Müller im Bundestag und witzelte herum, wann denn Ex-Fußballstar Rummenigge endlich auftaucht. Für den schwärmt sie schon seit der Kindheit. Im „Young Leaders“-Austauschprogramm der Organisation Atlantik-Brücke war sie auch schon dabei.

Dass sie als Vorzeige-Türkin herumgereicht wird, stört sie nicht weiter. „Ich definiere mich nicht über meine Nationalität. Ich kokettiere damit oder mache Witze darüber.“ Sie hat einen deutschen und einen türkischen Pass, lebt seit mehr als 30 Jahren in Berlin und fühlt sich vor allem als Europäerin.

Bilkay Öney mag politischen Journalismus. Ihr beruflicher Höhepunkt war ein halbstündiges Interview mit Joschka Fischer. Otto Schily hat sie beinahe im kleinen TRT-Studio an der Charlottenburger Wielandstraße befragt, aber der ließ sich entschuldigen und schickte seinen Staatssekretär. Der war von Bilkay Öneys professionellem Charme sehr beeindruckt. „Werden Sie mal die türkische Sabine Christiansen?“ Bilkay antwortete mit Beckenbauer: „Schau’n mer mal.“

Der  RBB bringt heute einen Gernsehabend „Türkei hier und jetzt – simdi now“ aus Anlass der gleichnamigen Kulturwoche. Internet unter: www.simdi-now.info, Ticket-Telefon 01805-449449.

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