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Christliche Gewerkschaften: Senat klagt gegen Lohndumping

Sie nennen sich christliche Gewerkschaften und ermöglichen Lohndumping bei Leiharbeitern. Davon sind jedenfalls der Senat und die Gewerkschaft Verdi überzeugt. Nun entscheidet ein Gericht über Abschlüsse.

Sie nennen sich christliche Gewerkschaften und ermöglichen Lohndumping bei Leiharbeitern. Davon sind jedenfalls der Senat und die Gewerkschaft Verdi überzeugt; sie bekämpfen diese Praxis vor dem Landesarbeitsgericht. Am heutigen Montag wird dort darüber verhandelt, ob die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) Tarifverträge in der Zeitarbeitsbranche abschließen durfte. Sowohl das Land als auch Verdi werfen der Tarifgemeinschaft vor, eine Scheingewerkschaft zu sein, die Gefälligkeitstarifverträge mit Arbeitgebern abschließt. Die Senatsarbeitsverwaltung hatte ihre Klage damit begründet, sie müsse Klarheit haben, ob Tarifverträge rechtmäßig seien.

Dem Ganzen liegt eine Erblast der rot-grünen Bundesregierung zugrunde. Rot-Grün hatte festgeschrieben, dass Leiharbeitnehmer genauso gut bezahlt werden müssen wie die Stammbelegschaft. Davon kann nur durch einen Tarifvertrag abgewichen werden – dann allerdings auch nach unten. Dieses Schlupfloch machten sich prompt Firmen zunutze: Um Leiharbeiter schlechter bezahlen zu können als die eigenen Leute, schlossen sie Tarifverträge. Als Vertragspartner fanden sich allerdings nicht die DGB-Gewerkschaften bereit, sondern nur die CGZP – mit der Folge, dass Arbeitnehmer schlechter bezahlt werden konnten. Der Münsteraner Arbeitsrechtler Peter Schüren sagt dazu: „Die CGZP hat in ihrer kurzen Geschichte nichts anderes getan, als Verleiherverbände und viele einzelne Verleiher mit Hunderten von Tarifverträgen nach Wunsch zu versorgen. Jeder dieser dubiosen Tarifverträge hat die gesetzlichen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer zum Vorteil der Arbeitgeberseite deutlich verschlechtert.“

Bundesweit sollen 280 000 Leiharbeiter seit 2003 mit CGZP-Verträgen gearbeitet haben. Insgesamt sind nach Verdi-Angaben in der Zeitarbeitsbranche 700 000 Menschen beschäftigt; 60 Prozent davon nach Verträgen, die DGBGewerkschaften ausgehandelt hatten.

In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht waren Verdi und Senat erfolgreich. Das Gericht stellte am 1. April 2009 fest, die CGZP sei nicht „tariffähig“ im Sinne des Gesetzes, da es ihr an der nötigen „Sozialmächtigkeit“ fehle. Nach Auffassung des Gerichts ist die Gewerkschaft also zu klein, um dem mächtigen Arbeitgeber ein halbwegs ebenbürtiger Gegner zu sein. Die Folge: Die geschlossenen Tarifverträge wären ungültig.

Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts wird auf jeden Fall Folgen haben. Entweder ermöglicht es die Fortsetzung dieses Lohndumpings, das mit dem Gesetz hatte verhindert werden sollen. Oder aber, falls die CGZP verliert, entstehen Kosten in Millionenhöhe. „Wenn die zweite Instanz dieses Urteil bestätigt, wird das mächtige finanzielle Auswirkungen haben“, sagt der Sprecher des Landesarbeitsgerichts, Gerhard Binkert. Experten schätzen, dass dann bis zu einer halben Milliarde Euro an Krankenkassen- und Sozialversicherungsbeiträgen pro Jahr nachzuzahlen sind. 

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