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Vier Täter attackierten zwei Fahrgäste im U-Bahnhof Lichtenberg.

© dpa

Chronik: Gewaltausbrüche aus Hass auf Deutsche

Die Angeklagten sollen auch vor und nach der Attacke im U-Bahnhof Lichtenberg aufgefallen sein. In der Anklage soll es um fünf weitere Taten gehen.

Von Frank Jansen

Es ist ein Blick in den Abgrund. Als wäre der Gewaltexzess vom 11. Februar im U-Bahnhof Lichtenberg nicht schon heftig genug, werden weitere Tatvorwürfe gegen die vier Angeschuldigten bekannt, gegen die jetzt die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat. Und es verstärkt sich der Eindruck, dass die jungen Migranten aus Hass auf Deutsche beinahe den heute 31 Jahre alten Maler Marcel R. getötet haben. Die Deutschenfeindlichkeit des 17-jährigen Kenianers, des 18-jährigen Kosovaren, des 14-jährigen Bosniers und des 17 Jahre alten Deutschirakers ist offenbar auch kein beiläufiges Ressentiment, sondern eingebettet in eine dumpf rassistische, sexistische und schwulenfeindliche Gesinnung. Als hätten sich rechtsextreme Skinheads ausgetobt.

Wie der Tagesspiegel aus Polizeikreisen erfuhr, soll es in der Anklage um fünf weitere Taten neben dem Angriff auf dem U-Bahnhof Lichtenberg gehen. Als Tatzeitraum werden die Monate von Januar bis Juni genannt – das bedeutet, auch nach dem Überfall in Lichtenberg gab es weitere Delikte. Außerdem ist von zusätzlichen Vorfällen die Rede. Eine Chronik des Schreckens.

Sie beginnt vermutlich schon im vergangenen Jahr. Fall 1: Ein Bekannter hat den Kenianer und den Deutschiraker beschuldigt, sie seien bereits vor einigen Monaten auf zwei Schwule losgegangen, allerdings blieb es offenbar beim Versuch einer Gewalttat. Zu einer strafrechtlichen Verfolgung kam es nicht.

Fall 2: Am 7. Januar soll der Kenianer in Lichtenberg grundlos einen deutschen Passanten mit Parolen wie „Scheiß-Deutscher“, „Scheiß-Nazi“ und „Fick deine Mutter“ beschimpft haben. Der Passant soll gewürgt und getreten worden sein.

Fall 3: Am späten Abend des 7. Februar soll der Kenianer auf dem U-Bahnhof Friedrichsfelde einen Deutschen geprügelt haben. Zu deutschfeindlichen Parolen kam es hier offenbar nicht. Der mögliche Grund: An der Tat habe sich auch ein deutscher Bekannter des Kenianers beteiligt, sagen Polizeikreise. Das Opfer wurde am Kopf verletzt.

Die Fälle 4, 5 und 6 sind Teil des Geschehens am 11. Februar. Vor dem beinahe tödlichen Überfall auf den Maler Marcel R. sollen der Kenianer, der Kosovare und der Bosnier in Lichtenberg einen deutschen Passanten als „Nazischwein“ diffamiert haben. Es soll auch wieder „Fick deine Mutter“ geäußert worden sein.

Kurz darauf sollen die drei Migranten eine Gruppe Deutscher am U-Bahnhof Lichtenberg als „ihr Hurensöhne“ beleidigt haben. Zu einer Gewalttat kam es noch nicht. Eine Viertelstunde später begann der Angriff auf Marcel R. und seinen Bekannten. Alle vier Angeklagten sollen die beiden Männer als „Scheiß-Nazis“ bezeichnet und gerufen haben, „wir hassen Deutsche“. Dann setzte der Prügel-Exzess ein, der für Marcel R. beinahe tödlich endete und den auch sein Bekannter nur knapp und schwer gezeichnet überstand.

Fall 7: Am 17. April soll der Deutschiraker in der Jugendstrafanstalt Plötzensee einen deutschen Mithäftling mit Faustschlägen im Gesicht verletzt haben.

Fall 8: Am selben Tag soll auch ein weiterer Mithäftling von dem Deutschiraker attackiert worden sein.

Fall 9: Am 7. Juni soll der Kenianer ebenfalls in der JVA Plötzensee einen Deutschen bewusstlos geprügelt haben.

Der härteste Tatvorwurf lautet versuchter Mord, begangen aus Rassenhass gegen Deutsche, die pauschal als „Nazis“ gelten. Die Angeklagten seien, sagen Polizeikreise, „in Teilen geständig“. Allerdings sollen nur die härtesten Tatvorwürfe Teil der Anklage sein. Aus rechtlichen Gründen darf die Öffentlichkeit den Inhalt der Anklageschrift erst mit Beginn des Prozesses erfahren.

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