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Berlin: Ciao sagen reicht nicht

Italien hat einen neuen Botschafter in Deutschland: Er heißt Antonio Puri Purini und hat schon einen Lieblingsplatz in Berlin

Um seine neue Heimat kennen zu lernen, geht Antonio Puri Purini (63) am liebsten ins Café Einstein Unter den Linden. „Dort herrscht eine wunderbare Atmosphäre“, sagt er. „Wenn ich da sitze, habe ich das Gefühl, im Zentrum der Stadt, des Landes, von ganz Europa zu sein.“ Dieses Gefühl stellt sich an seinem Arbeitsplatz nicht sofort ein – steht die Italienische Botschaft, deren Hausherr er seit einem Monat ist, doch am Rande des Tiergartens. Im ersten Stock der monumentalen Residenz befindet sich hinter einer schweren hölzernen Flügeltür sein Botschafterbüro: an die 150 Quadratmeter groß und fünf Meter hoch, Stuckdecke und Parkettboden, links eine Front aus Fenstern, davor der Schreibtisch, gegenüber eine Sitzecke aus beigefarbenen Ledersofas. Antonio Puri Purini trägt einen dunkelblauen Anzug, goldene Manschettenknöpfe – und eine knallrote Armbanduhr.

„Begeistert“ sei er von Berlin, „eine Stadt, die mit allen Metropolen der Welt mithalten kann, keine Frage“. Mit allen? „Nun, mit Rom nicht, aber das ist ja auch keine Frage.“ An Berlin gefällt ihm das kulturelle Leben: „Konzerte, Opern, Ausstellungen – das gehört zwar zu einer Hauptstadt, aber es macht in dieser Menge trotzdem großen Eindruck.“ Ebenso die Architektur, die den Kontakt zur Zukunft wie zur Vergangenheit spürbar mache. „Sie zeigt“, so Puri Purini, „dass Geschichte in dieser Stadt eine wesentliche Rolle spielt und wie kompliziert der Umgang damit sein kann.“ Außerdem mag Puri Purini das viele und üppige Grün, besonders den Tiergarten direkt vor seiner Tür. „Und den Straßenverkehr kann ich gut ertragen. Als Italiener habe ich damit ja gewisse Erfahrungen“, sagt der in Athen geborene Botschafter, der zuletzt außenpolitischer Berater des Staatspräsidenten in Rom war.

Die Nähe zum Mittelmeer vermisse er nur ein wenig – „und das Licht, dieses ganz spezielle Blau, das am Abend über den römischen Ruinen steht.“ Aber auch der Himmel über Berlin sei schön und die hiesigen italienischen Restaurants gut – „am besten war es bislang im Bocca di Bacco in Mitte“ –, beteuert der Diplomat, Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern der Bundesrepublik Deutschland.

In den Siebzigerjahren war Puri Purini italienischer Konsul in München, seitdem verfolgt er die Entwicklung des Landes. Sein Eindruck: „Seit jeher ist Deutschland eine Nation und sind die Deutschen ein Volk, umso mehr nach der Wiedervereinigung.“ Natürlich gebe es Unterschiede zwischen Berlin und München, die gebe es aber auch zwischen dem süditalienische Lecce und dem norditalienischen Venedig.

Puri Purini meint jedoch, dass sich eine gemeinsame europäische Identität entwickeln könne. „Bis es soweit ist, müssen wir allerdings noch viel voneinander lernen“, sagt er. Es gebe zu viele Aspekte Italiens, die den Deutschen noch nicht präsent genug seien – und er beginnt, über Wein, Öl und Schuhe zu sprechen. „Italienische Produkte“, erklärt Puri Purini, „tragen die Geschichte des Landes und der Menschen in sich, die die Deutschen aus dem Urlaub kennen“. Während seiner Amtszeit wolle er „mehr Italien in Deutschland und mehr deutsch-italienische Gemeinsamkeit erreichen – für ein Voranschreiten der europäischen Integration“, sagt der Botschafter. Dass die Deutschen Espresso trinken, Pasta kochen und „Ciao“ sagen, „reicht mir nicht“.

Christian Helge Röfer

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