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Clubkultur: Star-DJ Paul van Dyk in der Kritik

Paul van Dyk gab dem Tagesspiegel ein Interview. Er teilte aus - und muss nun einstecken. Politiker und Clubmacher melden sich zu Wort: Die Rede ist davon, van Dyk sei "snobistisch" und "unreflektiert".

Eines steht fest: Folgenlos verhallt sind die Worte von Paul van Dyk nicht. Was der international erfolgreiche DJ im Tagesspiegel vom Dienstag zu sagen hatte, haben zahlreiche Leser diskutiert – vor allem diejenigen, die van Dyk im Interview direkt anging. Der Trance-Star zeigte im Interview dafür Verständnis, dass in den vergangenen Jahren viele Clubs in der Innenstadt schließen mussten – und empörte damit Macher aus dem Nachtleben. Snobistisch und unreflektiert sei der DJ, er habe keine Ahnung vom Leben in der Stadt, ist zu hören.

„Es ist traurig, dass sich Menschen, weil sie beruflich erfolgreich sind, zu allem äußern“, sagt Steffen Hack, der das Watergate betreibt. Der Club am Kreuzberger Spreeufer zählt zu den bekanntesten der Stadt, von internationalen Magazinen ist er einst zu einem der besten Elektro-Läden weltweit gekürt worden. Der DJ sei in der Berliner Technoszene inzwischen weitgehend isoliert, sagt Hack. Van Dyk hatte sich schon in der Vergangenheit durch ähnliche Äußerungen bei Clubs und Musikern unbeliebt gemacht. „Er geht von sich aus, er hat die Mittel, sich Dinge zu leisten, die sich die meisten in der Stadt nicht gönnen können“, sagt Hack. Aus van Dyks Position heraus sei es leicht, sich etwa über Proteste gegen Gentrifizierung lustig zu machen.

Die Clubcommission, ein eingetragener Verein von Berliner Kulturveranstaltern, sieht die Äußerungen des DJ ebenfalls kritisch. „Es ist natürlich gut, wenn sich jemand von außen zur Lage in Berlin äußert. Doch mit Stadtentwicklung kennt er sich nicht aus“, sagt Lutz Leichsenring von der Clubcommission. „Es findet tatsächlich eine Verdrängung vieler Projekte statt, gerade aus Prenzlauer Berg oder auch vom Spreeufer. Aber wir brauchen Alternativen zu Einkaufszentren und Townhouses, gerade weil dank der Clubs viele Gäste in die Stadt kommen.“ Leichsenring erinnert an die Hausbesetzer in den Siebziger- und Achtzigerjahren: „Hätten die nicht so viele Altbauten besetzt, wären damals viel mehr davon abgerissen worden – und heute hätte man sich genau darüber geärgert.“

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Zu jenen, die van Dyk kritisierte, zählen sonst Linke – im allerweitesten Sinne: Die Linkspartei findet der DJ zu ideologisch. Den Berliner Wählern dankt er gleichzeitig ausdrücklich dafür, dass sie Renate Künast, die grüne Spitzenkandidatin, als Regierende Bürgermeisterin verhindert haben. Hinter dem Erfolg der Piraten wiederum stehe Pseudo-Protest, findet van Dyk. Ihr Innen- und Kulturexperte im Abgeordnetenhaus, Christopher Lauer, sei ein Besitzstandswahrer. Und dass die Gewerkschaft Verdi mehr Lohn für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst aushandelte, habe die „Volkswirtschaft viele Millionen“ gekostet – weiß zumindest van Dyk. Er kritisierte auch die Occupy-Bewegung, die gegen die Macht der Banken demonstriert.

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„Wenn man selbst nur immer mal wieder quasi als Tourist in die Stadt kommt, kennt man die Probleme der Leute nicht mehr“, sagt Halina Wawzyniak, Berliner Bundestagsabgeordnete der Linken. Van Dyk habe wichtige Debatten nicht mitbekommen. Dass die Kommunen verarmen und die Löhne vieler Menschen eher sinken als steigen, wisse der Musiker möglicherweise nicht. Die Gewerkschaft Verdi reagierte auf die Schmäh durch den DJ gelassen, ein Sprecher sagte: „Bislang war uns der Discjockey nicht durch volkswirtschaftliche oder gesellschaftspolitische Expertise aufgefallen. Es steht ihm selbstverständlich frei, sich zu äußern, wie es ihm beliebt.“ Ähnlich sehen das die Piraten: Abgeordnetenhaus-Mitglied Christopher Lauer sagte, er wolle sich nicht via Zeitung empören, vielleicht schreibe er dem DJ mal eine E-Mail.

Im Internet wird van Dyk als Kommerz-DJ kritisiert, der um die Welt jette, und für einfache Berliner nur Spott übrig habe. Ein Leser hat auf tagesspiegel.de dazu Folgendes hinterlassen: „Er sollte eindeutig beim Musikmachen bleiben und die politischen Gedanken außen vor lassen.“

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