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Comic: Wat für’t Lebn lernn - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren erschien der neue „Didi & Stulle“-Comic Was Jan Oberländer darüber schrieb.

„Didi & Stulle oda wat“ – so begrüßt Merkel die beiden wohl berühmtesten Prollschweine Berlins. „Merkel oda wie“, grüßt Didi zurück. So lapidar lässt der Zeichner Philipp Tägert, besser bekannt als Fil, sein neues Comicalbum „Im Auftrag der Kanzlerin“ beginnen, das am Donnerstag erscheint (Zitty Verlag, 7 Euro).

Es ist das neunte Album, in dem der 44-jährige Künstler die Abenteuer der rosa Rüsseltypen versammelt. Nachdem Didi und Stulle zuvor Ausflüge in psychedelische Fantasiewelten oder nach Japan, in den Himmel und die Hölle (übrigens ein Supermarkt in der Perleberger Straße in Moabit, wo Fil jahrelang wohnte) unternommen haben, spielt das neue Album wieder in heimischer Umgebung: am Imbisstisch im Märkischen Viertel, dort, wo Fil „seine Jugend ließ“, wie er mal sagte.

Heute arbeitet Fil im Prenzlauer Berg, er teilt sich ein Studio mit den Zeichnern Mawil, Reinhard Kleist und Naomi Fearn. „Didi & Stulle“ begleiten ihn schon drei Jahrzehnte. 1980 veröffentlichte der damals 14-jährige Fil erste Comics in der „Zitty“, 1986 erschienen drei „Didi & Stulle“-Folgen. Die kamen so gut an, dass der Ex-Punk entschied, erstmal andere Figuren zu zeichnen. Nebenbei trat er mit seiner Hai-Handpuppe Sharky als Impro-Entertainer auf (was er auch heute noch regelmäßig tut, auch wenn Sharky eingemottet ist – das Stimmeverstellen ging Fil auf die Stimmbänder).

Doch irgendwann wollte er auch mal Erfolg haben, erzählt der Zeichner beim Gespräch im Atelier. „Ich dachte: Ich will eine regelmäßige Serie in der ,Zitty‘.“ Und weil „Didi & Stulle“ auch nach zehn Jahren noch in bester Erinnerung waren, kam man überein – seit 1996 druckt das Magazin alle zwei Wochen eine von Fil gezeichnete Seite.

Die wild zusammenassoziierten Geschichten sind längst Kult geworden. Fil erfindet sie meist, während er zeichnet. „Ich denke in Alben“, sagt er, es gebe schon immer einen Plan – aber auf dem Weg ändere der sich dann doch. „Didi und Stulle sind so starke Charaktere, dass sie immer irgendwas Abseitiges machen.“ So blockieren die Figuren jede geradlinige Geschichte – und machen sie gerade darum interessant.

Fils „absoluter Held“ ist der Italiener Benito Jacovitti mit seinem Gummi-Stil und Bildern voller absurder Details. Außerdem liebt Fil den Lucky-Luke-Zeichner Morris für dessen präzisen, schnellen Stil. Ein weiterer Einfluss ist „Werner“ von Rötger „Brösel“ Feldmann, Fil mag ihn wegen des bescheuerten Humors und des breiten Dialekts in den Sprechblasen.

Die phonetisch präzise Verschriftlichung des Berliner Idioms seiner Helden ist Fils besonderes Verdienst: „Ey dit darf dô echt ma wieder né wahr sein: Ick will ihm hier ne Top-Story erzähln wo a wat für’t Lebn lernn könnte und er – Alta – intressiert sich nur für irgndwelche teschnische Details oda wat.“ Didi pöbelt Stulle an, Stulle bewundert Didi – diese Liebesbeziehung wird noch lange halten. „Ich will 100 Alben machen“, sagt Fil und grinst.

Album Nummer neun wird am heutigen Mittwoch im Heimathafen Neukölln vorgestellt. Auf der Releaseparty wird Fil mit der siebenköpfigen Band „French Maids“ auftreten, zu der auch seine Atelierkollegen Naomi Fearn und Mawil gehören – und alle werden Zimmermädchen-Kostüme tragen! Als Gimmick bekommt jeder Gast einen 32-Seiten-Minicomic im Streichholzschachtelformat geschenkt. Jan Oberländer

Mittwoch 20 Uhr, Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Straße 141, Karten: 3 Euro

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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