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Vision für einen Flugplatz (I). In Gatow, in Spandaus Süden, landeten einst britische Militärflugzeuge, seit den 90ern entstehen auf den Landebahnen Häuser: die „Landstadt Gatow“. Politisch umstritten, wird jetzt ein Park geplant mit Ponyhof, Grillplatz, Kletterpark. Das Interessenbekundungsverfahren des Senats läuft bis November.

© Simulation: promo/Kiefer CS

Computersimulationen: Ein Blick in die Zukunft Berlins

Am Computer wächst und wächst die Stadt: Mit Autobahn, Technologie-Park, Innovationen und Apartment-Türmen. Manches davon ist nur Vision, anderes rückt in greifbare Nähe – am Alexanderplatz, in der City West oder im künftigen Quartier am Hauptbahnhof.

Vom 33. Stock des „Upper West“ gegenüber der Gedächtniskirche ist das Bötzowviertel noch zu erahnen. Die Konferenzräume des vierthöchsten Turms von Berlin sind voll ausgelastet. Verhandelt wird der Börsengang des Start-ups „mediasin“, das Studenten in einem Friedrichshainer Hinterhof vor acht Jahren gegründet hatten: Das war im Jahr 2012, als die Hauptstadt die jungen Kreativen in Scharen angezogen und einen Gründerboom ausgelöst hatte, von dem Berlin im Jahr 2020 noch zehrt.

Damals, Ende 2012, sprach man noch vom Osten und vom Westen der Stadt. Heute dauert es 20 Minuten vom Upper West ins Bötzowviertel, über die A100. Auch der Stau an der Schillingbrücke, ursprünglich einer der Bremsklötze der Verkehrsentwicklung, bildet sich nur noch selten – dank des neuen satellitengestützten Berliner Verkehrsleitsystems, ersonnen im Tegeler Technologie-Zentrum auf dem ehemaligen Flughafenareal, das innerhalb des letzten Jahrzehnts zum führenden deutschen Standort für „urban technologies“ geworden ist.

Mit der Zeitmaschine ins Jahr 2020 – diese Reise tritt man unweigerlich an, wenn man sich über die Simulationen der Entwickler der großen neuen Berliner Quartiere beugt: Der Flughafen Tegel und die Europacity nördlich vom Hauptbahnhof, die City West mit ihren beiden großen Turm-Neubauten und der Sanierung des Bikini-Ensembles mit Blick über den Zoo. Aber auch mit dem wohl wichtigsten – und ebenso umstrittenen – Infrastrukturprogramm: der Verlängerung der Stadtautobahn A 100.

Vision für die City West. 119 Meter hoch, 33 Etagen, Fertigstellung: 2015. So soll der „Upper West“-Tower (früher: „Atlas“) einmal aussehen, die Gerüste werden gerade aufgebaut. Das Zoofenster nebenan (rechts angedeutet) ist fast fertig: das erste Geschäft, ein Souvenirladen, hat eröffnet.
Vision für die City West. 119 Meter hoch, 33 Etagen, Fertigstellung: 2015. So soll der „Upper West“-Tower (früher: „Atlas“) einmal aussehen, die Gerüste werden gerade aufgebaut. Das Zoofenster nebenan (rechts angedeutet) ist fast fertig: das erste Geschäft, ein Souvenirladen, hat eröffnet.

© Simulation: promo

Vor allem der Ausbau der Trasse, deren Planung in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückreicht, lässt Ost und West zusammenrücken. Während die Autobahn bisher im Niemandsland des südlichen Neukölln endet, verbindet sie künftig das Kreativ-Quartier Friedrichshain mit den bürgerlichen Westberliner Quartieren. Beide zählen zu den begehrtesten Wohnlagen der Stadt, weshalb die Mieten und Kaufpreise besonders stark steigen. Durch den Autobahn-Neubau profitieren vor allem Friedrichshain und Kreuzberg von den „kürzeren“ Wegen.

Aber zurück in die Gegenwart. Mehr noch als Ost und West wird die Entwicklung im Norden und Süden die Stadt künftig prägen: Am Mittwoch präsentieren Baugruppen ihre Ideen für die Errichtung von Wohnhäusern in der Europa-City. Die erste Dominante in dem neuen Quartier wurde in der vergangenen Woche in Anwesenheit vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eröffnet: der Total-Tower, unmittelbar gegenüber vom Hauptbahnhof. Vom Regierungsviertel aus gut sichtbar, ruft der Turm eindringlich ins Gedächtnis, wie zentral gelegen diese lange vergessene Brache der Bahn tatsächlich ist. Wer hier wohnt, lebt an der Nahtstelle von Ost und West: Über die Invalidenstraße erreicht er in wenigen Fahrradminuten die Kastanienallee – kaum länger dauert der Ritt durch den Tiergarten zum Kurfürstendamm. Hinzu kommt: Das Quartier am Hamburger Bahnhof, Keimzelle der Museumsmeile, kann mit neuen Cafés und Restaurants an den Kanalufern einen eigenen Charme entwickeln.

Vision für Moabit. Wo bis 2007 die Kräne des einstigen Containerbahnhofs standen, entsteht die Europacity.
Vision für Moabit. Wo bis 2007 die Kräne des einstigen Containerbahnhofs standen, entsteht die Europacity.

© Simulation: promo/CA Immo

Noch ist das Gebiet nicht optimal angebunden. Doch die Verlängerung der „Kanzlerlinie“ wird den Hauptbahnhof über Brandenburger Tor mit dem Alexanderplatz verbinden – und das Gebiet noch attraktiver machen.

Weiter im Norden auf dem frei werdenden Flughafenareal von Tegel soll ein Zentrum für Stadttechnologien entstehen. Eine Keimzelle ist gelegt mit der Feuerwehrakademie und einem Ingenieurstudiengang der nahe gelegenen Beuth-Hochschule. Genug Platz für Forschung bietet das Flugfeld, das nur wegen der Verzögerungen beim Neubau des Pannen-Airports Schönefeld noch nicht freigeräumt ist. Zu den „Urban technologies“ zählen zum Beispiel Elektromobilität, Solar- und Dämmtechnik im Wohnungsbau oder auch Aufbereitungstechniken der Abfallwirtschaft. Diese Themen haben durch die Renaissance der Innenstädte an Aktualität gewonnen.

Visionen für einen Flugplatz (II). Auf der Simulation des „Masterplans TXL“, die vor zwei Monaten präsentiert wurde, ist der Flughafen Tegel längst Geschichte – aber kaum noch zu erkennen.
Visionen für einen Flugplatz (II). Auf der Simulation des „Masterplans TXL“, die vor zwei Monaten präsentiert wurde, ist der Flughafen Tegel längst Geschichte – aber kaum noch zu erkennen.

© Simulation: promo

Berlin im Jahr 2020 – da wird am Alexanderplatz das „Alea 101“ mit dem Kaufhaus C&A am Fuße des Fernsehturms stehen – und auf der anderen Seite des Bahnhofes vielleicht der erste von zehn Türmen, die einmal die „Stadtkrone“ Berlins bilden sollen. Grundstückseigentümer Hines hat seine Pläne bis zur Genehmigungsreife entwickelt, heißt es aus Senatskreisen. Im kommenden Jahr könnte der Bau beginnen. Zwei Varianten sind im Gespräch: ein Büro- und Geschäftshaus – oder der höchste Wohnturm Berlins. Die Nachfrage nach luxuriösen Apartments in luftiger Höhe ist groß. Deshalb erwägen auch die Bauherren des „Upper West“-Turmes am Breitscheidplatz, Penthouse-Wohnungen in dem Hochhaus unterzubringen.

Und noch etwas wird ans Netz gegangen sein im Jahr 2020: Das Humboldtforum mit seinen Museen, Veranstaltungssälen und Bibliotheken – ein Zentrum für die Kulturen der Welt im barocken Kleid. Auf bis zu 700 Millionen Euro wird das Projekt heute schon taxiert. Wie teuer es wirklich kommt, steht in acht Jahren fest.

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