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Contra Vollzeitparlament: "Ein Teilzeit-Parlament bringt mehr Alltags- und Lebensbezug"

Abgeordnete erfahren am ehesten im Wahlkampf, was den Leuten wichtig ist an der Politik. Dann wollen sie nicht nur reden, sondern auch zuhören.

Abgeordnete erfahren am ehesten im Wahlkampf, was den Leuten wichtig ist an der Politik. Dann wollen sie nicht nur reden, sondern auch zuhören. Wahlkampf ist in Berlin alle fünf Jahre. In den Zwischenzeiten haben Volksvertreter zwei Quellen, um zu erfahren, was das zu vertretende Volk bewegt: ihre Sprechstunden und ihr nicht politisch geprägtes Umfeld. Zu dem sollte ein Beruf gehören: Der steht für das Leben mit Problemen, die nichts mit Wasserbetrieben oder angeblichen Missetaten eines Tierparkchefs zu tun haben.

Das alles ist wichtig – deshalb kümmern sich Politiker darum. Aber wie immer, wenn sich Menschen professionalisieren, neigen sie dazu, mehr vom Gleichen zu machen: mehr Anhörungen und Arbeitskreise, intensivere Fraktionssitzungen, gefühlsechtere Plenardebatten. Vollzeit statt Teilzeit, denn es gibt so viel zu regeln! Wie heftig aber der Regelungswahn die Stadt im Griff hat, wissen eben Leute, die noch einen Beruf ausüben, und sei es in einer Anwaltskanzlei. Noch besser wissen es wohl Handwerksmeister und Start-up-Unternehmer, doch haben die weder Zeit noch Lust, sich politisch zu engagieren. Ein bisschen Teilzeit-Parlament bringt also immer noch mehr Alltags- und Lebensbezug mit sich als ein Vollzeitparlament. Am Bundestag, über den man auch Gutes sagen kann, sieht man genau, dass er nicht geworden ist, was er mit dem Umzug nach Berlin hatte werden wollen: eine Volksvertretung mit Nähe zum Volk.

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