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Berlin: Cosi fan tutte: Fremdgehen oder nicht, das ist hier die Frage

Was zieht man nur an zu einer Vor-Premiere in der Staatsoper? So etwas hat es schließlich noch nie gegeben.

Was zieht man nur an zu einer Vor-Premiere in der Staatsoper? So etwas hat es schließlich noch nie gegeben. Ist das nun eine Art Generalprobe? Oder eine gesellschaftliche Innovation, die Geschichte schreiben wird? Folgende Faktoren gab es zu bedenken: Der Zigarettenkonzern Reemtsma, die Bildzeitung und die Staatsoper hatten eingeladen, um für die Erhaltung der Staatsoper, die die Initiatoren des Abends durchs Berliner Haushaltsloch bedroht sehen, Geld heranzuschaffen. Zu sehen gab es, bevor die Öffentlichkeit eingeladen ist, Mozarts "Cosi fan tutte", inszeniert von der Filmemacherin Doris Dörrie. Nach Dörries Willen sind Dorabella und Fiordiligi 70er-Jahre-Mädels, und deren Verlobte Ferrando und Guglielmo verkleiden sich als Hippies, um die Treue der beiden auf die Probe zu stellen. Das macht neugierig. Und so zahlten die Opern-Freunde 850 Mark pro Karte, was zusammen 250 000 Mark ergab. Die Kleiderfrage entschied sich, als man von der Existenz des roten Teppichs erfuhr.

Die Herren trugen also Smoking, dunklen Anzug, einer einen Schottenrock. Eng, bunt und glitzernd die Garderobe der Damen: Shawne Borer-Fielding vom halben Oberschenkel abwärts nur noch in Spitze gehüllt, aber ansonsten stumm und schüchtern an der Hand des Botschafters. Maja von Hohenzollern mit Turmfrisur in Weiß. Die meisten Blicke zog Top-Modell Nadja Auermann in signalroter John-Galliano-Schöpfung auf sich. Mit Ehemann Wolfram Grandezka war sie für die Vor-Premiere aus Monaco angereist. Nur Volker Schlöndorffs kleine Tochter Elena fand den Aufwand unnötig - Jeans und Anorak waren bequemer.

In der Pause (Fiordiligi und Dorabella haben die ersten Annäherungsversuche der verkleideten Verlobten gerade abgewiesen) zanken sich gleich drei Paare lautstark im Apollo-Saal um Treuebrüche ("du hast ihn geküsst, du Schlampe"). Die Festgesellschaft, die sich am Büfett gerade mit Zuccinipralinen und Wildlachs im Kräutermantel bedient, lauscht vergnügt und diskutiert: Sind das Schauspieler? Und - hat sie recht, oder er? Die beste Gelegenheit, eine kleine Umfrage in Sachen Treue zu starten. Sind Frauen so flatterhaft, wie Mozart es unterstellt? "Auf keinen Fall", entscheidet Nadja Auermann, die sich vom Ehemann gerade das zweite Tellerchen mit Vorspeisen reichen läßt, "Frauen sind treuer. Wenn sie verliebt sind, dann haben sie kein Interesse an anderen. Bei Männern kann das vorkommen." Die 30-Jährige muss sich zurzeit keine Gedanken darum machen. "Ich bin glücklich verliebt", sagt sie. Und zweifache Mutter von Cosima und Nick, was sehr zeitaufwendig sei. Als Modell arbeite sie nur noch, wenn die Familie ihr Zeit dazu lasse.

Marie-Luise Marjan spricht in Sachen Treue über das Küssen - die Grenze zwischen Spaß und Treuebruch. "So ein Kuss", doziert sie und vergibt einen schnellen Probekuss, "ist unbedenklich". Ansonsten sei Treue nicht geschlechtsspezifisch, sondern individuell. Schauspielerin Anouschka Renzi sieht das anders. "Wenn sie wüssten, wie viele verheiratete Männer mir schon den Hof gemacht haben...". Was würde sie Dorabella und Fiordiligi raten? "Ausrutscher verheimlichen!" So machten es doch alle - cosi fan tutte.

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