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Berlin: Da freut sich die Reblaus

Der Weinanbau auf dem Kreuzberg floriert: 200 neue Reben werden gepflanzt.

Der berühmteste Weinberg der Region ist selbstverständlich der in Sanssouci. Friedrich II. gab am 10. August 1744 die Anweisung, die einst von Eichen bestandene, nun als Bauplatz für sein Sommerschloss vorgesehene Anhöhe für den Weinanbau zu terrassieren. Verglichen damit sind die Berliner Weinbaustätten touristisch unbedeutend, haben aber eine ungleich ältere Tradition. Schon Mitte der 15. Jahrhunderts wurde auf dem Kreuzberg Wein angebaut, ein zeitweise sogar lukratives Geschäft mit Exportverbindungen bis nach Russland. Es ist also mehr als eine ortseigene Kuriosität, wenn am Dienstag Honoratioren des Bezirks, darunter der stellvertretende Bezirksbürgermeister Peter Beckers, zur Schaufel greifen, um weitere Rebstöcke in den bezirklichen Boden zu senken.

Genau genommen in den des Weinbergs am Kreuzberg in der Methfesselstraße 10 bis 12, wo schon manche Rebe gelesen und für den berühmten „Kreuz-Neroburger“ gekeltert wurde. Zwar war der Weinanbau in Preußen nach einer wirtschaftspolitischen Entscheidung von König Friedrich I. („Lohnt nicht!“) und dem besonders strengen Winter 1739/40 praktisch zum Erliegen gekommen, auch stieß der heimische Tropfen dem Genießer doch etwas sauer aus. Doch seit 1968 geht es auf dem Kreuzberg mit dem Weinbau wieder aufwärts. Damals schenkte die Partnerstadt Wiesbaden dem Bezirk fünf Riesling-Rebstöcke vom heimischen Neroburg – seither lohnte es sich wieder, auf dem Kreuzberg Reblaus zu sein. Denn es blieb nicht bei den fünf Pflanzen. Weitere Partnergemeinden stifteten Anfang der siebziger Jahre Rebstöcke der Sorte Blauer Spätburgunder – ein stattliches Anbaugebiet ist entstanden, das nun noch einmal mit 200 „Blaue Spätburgunder“-Reben aus der Partnerstadt Ingelheim ergänzt wird.

Doch genießt Kreuzberg im Berliner Weinanbau keineswegs eine Alleinstellung. Legendär ist die Nordkurve des Stadions in der Fritz-Wildung-Straße, wo die Wilmersdorfer Rheingauperle gedeiht. Der Humboldthain gehört ebenso zu den hiesigen Weinorten wie die Schöneberger Gartenarbeitsschule am Sachsendamm und die Neuköllner Carl-Legien-Oberschule am Dammweg. Allen Tropfen aber ist gemeinsam: In den Handel kommen sie nicht, sie werden vielmehr meist als bezirkliches Produkt offiziell verschenkt. Andreas Conrad

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