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Berlin: Daha

Datscha

Wenn George W. Bush über seinen russischen Amtskollegen spricht, bezeichnet er ihn gerne als guten Freund. „Ich treffe heute meinen guten Freund Wladimir Putin“, sagt Bush dann, oder: „Mein guter Freund Wladimir Putin versteht etwas von Terrorismusbekämpfung.“ In der deutschen Presse wird das oft als distanzloses amerikanisches Kumpelgehabe bekrittelt. Dabei darf Bush das. Er muss es geradezu. Putin hat ihm die Lizenz zum Kumpeln erteilt, indem er ihn auf seine Datscha einlud. In Russland ist das der größte Freundschaftsbeweis. Eher geht eine Reisegruppe durch Camp David, als dass ein Fremder auf die Datscha kommt.

Nun ist Putins Palast im Schwarzmeer-Kurort Sotschi nicht unbedingt das, was dem gemeinen Russen zum Stichwort Datscha einfällt. Obwohl sich da die Vorstellungen seit dem Ende der Sowjetunion ein wenig gewandelt haben, durch Datschen der „Neuen Russen“, die aussehen wie zentaurische Ungetüme: der Kopf von Neuschwanstein auf dem Körper des Chrysler-Building. Am anderen Ende des Spektrums steht die wacklige sibirische Bretterbude, in deren Garten sich ein armes Mütterlein plagt.

Der landwirtschaftliche Aspekt steht bei den meisten Datschen im Vordergrund. Zu den beliebtesten Anbauprodukten zählen Gurken, Kartoffeln, Dill und Samogon (selbst gebrannter Wodka), daneben Samogon (selbst gebrannter Wodka) und Samogon (selbst gebrannter Wodka). Letzterer wird gerne in der Banja konsumiert, einer russischen Form der Sauna, die zum Standardinventar jeder Datscha gehört. Dort peitschen sich gute Freunde zur Förderung der Durchblutung mit Birkenzweigen aus. Boris Jelzin hat das in seiner Biografie einmal beschrieben: „Man stelle sich vor: 40 nackte Männer und alle schreien durcheinander: Halten Sie sich tapfer, Boris Nikolajewitsch, wir sind mit Ihnen! Und wie sie mir dabei den Rücken mit Birkenzweigen bearbeiteten!“ Wie gesagt: Bush hat alle Berechtigung, Putin seinen guten Freund zu nennen.

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