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Berlin: Das Auto als Waffe: Fahrer rasten auf Fußgänger zu 23-Jähriger in Kreuzberg nach Streit schwer verletzt

Polizist bei Kontrolle in Friedrichshain angefahren

Auf Berlins Straßen werden die Sitten offenbar immer rauer: Zwei Autofahrer haben in der Nacht zu Sonntag absichtlich einen Fußgänger und einen Polizisten angefahren. In der Yorckstraße in Kreuzberg genügte ein banaler Wortwechsel („Was hupst du?“ – „Was winkst du?“), dass ein bislang Unbekannter mit hoher Geschwindigkeit über den Gehweg auf eine Fußgängergruppe zufuhr. Drei der jungen Menschen konnten beiseite springen, ihr 23-jähriger Freund wurde erfasst und über das Auto geschleudert. Er erlitt schwere Kopf- und Beinverletzungen. Der Fahrer flüchtete.

Zwei Stunden später kam dann ein Polizist, der einen betrunkenen und unter Drogen stehenden Autofahrer stoppen wollte, knapp mit dem Leben davon. Der 38-Jährige wurde an der Wühlischstraße in Friedrichshain von einem Wagen erfasst, konnte sich aber über die Motorhaube abrollen. Der Beamte zog sich dabei leichte Verletzungen zu. Danach flüchtete der Fahrer, verlor wenig später bei hohem Tempo die Kontrolle über sein Fahrzeug und raste ins Gleisbett der Straßenbahn. Der polizeibekannte 27-jährige Drogenhändler wurde dort festgenommen.

Zu der Tat unter den Yorckbrücken sucht die Polizei jetzt Zeugen, um dem Fahrer auf die Spur zu kommen. Nach Angaben der 7. Mordkommission hatte der 23-Jährige dem Fahrer des hellen Kleinwagens zugewinkt, weil dieser gehupt hatte. Daraufhin wendete der Fahrer und hielt neben dem Mann, seinem 22 Jahre alten Freund und den beiden 15 und 16 Jahre alten Mädchen an. Der 23-Jährige stritt mit dem Unbekannten kurz, danach gingen die vier Fußgänger weiter. Der Autofahrer wendete jedoch erneut, fuhr auf den Gehweg, beschleunigte stark und steuerte seinen Wagen von hinten auf die Gruppe zu. Der 23-Jährige konnte nicht mehr schnell genug ausweichen und wurde von dem Auto erfasst. „Er hat großes Glück gehabt“, sagte der Leiter der Mordkommission, Thomas Scherhant: „Der Fahrer hatte richtig Gas gegeben.“ Der Täter flüchtete mit dem hellen Kleinwagen, in dem ein Beifahrer saß, beide hatten „südländisches Aussehen“ – bessere Angaben konnten die drei Freunde nicht machen.

Polizisten wissen, dass sie bei Verkehrskontrollen gefährlich leben. Im Januar 2003 zog ein Autofahrer, der in Wedding kontrolliert werden sollte, statt der Fahrzeugpapiere einen Revolver und schoss sich dann den Fluchtweg frei. Erst ein Spezialkommando der Polizei konnte den Mann später fassen. Viel häufiger als eine Pistole setzen Autofahrer jedoch ihren Wagen als Waffe ein – und fahren auf die Beamten, die sie mit der roten Kelle zum Stoppen auffordern, einfach zu. Zwei Monate rang 2002 ein 41-jähriger Beamter mit dem Tod, der einen Kleinwagen anhalten wollte. Doch der 20 Jahre alte Fahrer, der betrunken war und unter Drogen stand – rammte den Beamten einfach von der Straße.

Nach einer Studie vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen ist in Deutschland das Risiko eines Polizisten, im Dienst getötet zu werden, immer noch zehn Mal niedriger als in Amerika. Die gefährlichsten Situationen für Polizisten seien Routinetätigkeiten im Alltag, etwa die Streife. Die meisten Angriffe erfolgen in bürgerlichen Gegenden und zu 80 Prozent in anscheinend harmlosen Situationen, bei Fahrzeugkontrollen oder Identitätsüberprüfungen.

Polizisten sind wegen der vielen Angriffe aufgefordert worden, Autofahrer bei Verkehrskontrollen mit gezogener Waffe zu kontrollieren – auch wenn es keinen konkreten Verdacht gibt.

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