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Berlin: Das Bild zur Tapete

Kunstsupermarkt im Quartier 205: große Auswahl, kleine Preise

Darf man Ölbilder wie Rollbraten beim Discounter aus Kartons kaufen? „Man kann und soll“, empfiehlt Mario Terés (44) – und bietet beim dritten Berliner Kunstsupermarkt mehrere tausend „Originale und Unikate“ an. Zeichnungen, Aquarelle, Acryl- und Ölgemälde, Plastiken stapeln sich in nackten Pressspankisten zum Schnäppchenpreis von 50, 99, 199 oder 299 Euro. Ausnahme in der ganzen Billig-Rhetorik ist die Adresse: Friedrichstraße 67, also Quartier 205. Hier hat Terés bis zum 17. Januar ein leeres Ladenlokal für seine Aktion gemietet.

Der 44-jährige Kunsthistoriker aus Spanien hat 1998 den ersten Kunstsupermarkt eröffnet, damals in Marburg. Seitdem hat sich die Geschäftsidee herumgesprochen. „Für den dritten Kunstsupermarkt haben sich bereits 500 Künstler bei uns beworben“, sagt Terés. Knapp 70 hat er ausgewählt. Deren Bilder nimmt er in Kommission. Bei der Auswahl ist das Preiskriterium ein wesentliches. Das Spektrum reicht von impressionistischen Landschaften in Kreide über düstere Federskizzen bis hin zu lindgrünen Fröschen in Acryl. Da shoppt eine Dame vom Justizministerium zwei bunthübsche Landschaften fürs Büro und eine Kunstkennerin will vielleicht ein Bild der südafrikanischen Künstlerin Brigid Ibell kaufen. Die hat extra für den Supermarkt kleine Ölquadrate erstellt, die 299 Euro kosten. Ihre größeren Werke hängen unter anderem in Zürich und kosten bis zu 25000 Schweizer Franken.

Was den Kunstsupermarkt aber vor allem von anderen Kunstverkaufsstellen unterscheidet, ist die niedrige Hemmschwelle. In dem Laden, der den Charme eines Postershops hat, stöbern Studenten, Sammler und ganz normale Leute. 20000 waren es insgesamt beim vergangenen Kunstsupermarkt. Gekauft wurden 1000 Werke. Farbstudien bekannter Maler von den einen. „Und andere suchten einfach ein Bild, das zur Tapete passt“, sagt Mario Terés. Manchmal huscht auch ein Galerist incognito durch den Shop und sucht in den Spankisten nach dem, was gerade gut ankommt beim Kunden.

Vielleicht Multimonti? Die Berliner Künstlerin malte ihre Frösche, Meerschweine und Kaninchen im Camouflage-Look gezielt für den Supermarkt. „Der Umsatz muss stimmen“, rechnet auch sie und nennt die Tierreihe „Studien“. Avelke Edel erhebt das Credo der „Cheap-Art“ konsequent zum Programm und bemalt alte Frotteelappen eins zu eins mit Alltäglichem aus den Lidl und Penny Regalen: „Aronal & Elmex“-Tuben, „Frosch-Essigreiniger“ oder „Ja! Lammbrustbraten“. Alles für 50 Euro. Wem das noch zu teuer ist, der kann zumindest in Süddeutschland bei Aldi Kunst kaufen.

Der 3. Berliner Kunstsupermarkt geht noch bis 17. Januar 2004. Friedrichstraße 67 (Quartier 205), Mitte. Mo.-Fr. von 11-20 Uhr, Sa. 10-18 Uhr, Tel 2094 4482.

Thomas N. Riens

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