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Berlin: Das Bistum hat ein kardinales Problem

Ehemaliger Finanzchef macht Erzbischof Sterzinsky für die Schuldenkrise verantwortlich

Der ehemalige Finanzdezernent des Erzbistums Berlin, Clemens Graf von Waldburg-Zeil, hat den Vorwurf zurückgewiesen, er trage für die Schuldenkrise die Hauptverantwortung. Nach seinen Angaben hatten die Finanzlücken bei seinem Amtsantritt vor sechs Jahren schon eine ähnlich katastrophale Größenordnung wie heute. Bereits Anfang 1996 sei das Erzbistum durch Bauinvestitionen mit etwa 55 bis 60 Millionen Euro verschuldet gewesen. Weitere 55 Millionen Euro seien damals für konkrete Projekte des Erzbistums und der Caritas verbindlich zugesagt und verplant gewesen, sagte Waldburg-Zeil. Seit Januar ist bekannt, dass das Erzbistum mittlerweile mit 148 Millionen Euro verschuldet ist, von denen allerdings 22 Millionen auf eine Unterdeckung des Pensionsfonds zurückgehen. Eine solche Unterdeckung gab es offenbar auch schon 1996.

Nach den Worten von Waldburg-Zeil existierte im Erzbistum bis Ende 1995 kein transparentes Rechnungswesen und eine völlig unzureichende Vermögensaufstellung. Er habe beides eingeführt und dann Mitte 1996 Georg Kardinal Sterzinsky und dem für die Finanzen zuständigen Leitungsgremium über die „desaströse Lage“ berichtet. Als Konsequenz habe er den Abbau von 500 Vollzeitstellen gefordert, was etwa der Größenordnung der heute von der Beratungsfirma McKinsey verlangten Personalkürzungen entspricht. Dies habe in den Pfarreien einen solchen Aufschrei und eine so „furchtbare Unzufriedenheit“ ausgelöst, dass Sterzinsky sich nicht getraut habe, die notwendige harte Sanierung durchzuziehen. Stattdessen setzte der Erzbischof auf sanfte Lösungen und wollte zunächst ein Pastoralkonzept ausarbeiten lassen. Auch legte er fest, den Stellenabbau möglichst sozialverträglich umzusetzen und die Sanierung bis zum Jahr 2000 zu verlängern. Zwar sei es dadurch gelungen, die Personalkosten seit 1996 um etwa 15 Prozent zu senken, sagte Waldburg-Zeil, es hätten jedoch im Berliner Erzbistum „die Kapazitäten gefehlt, das Sanierungskonzept auch wirklich umzusetzen".

An die Adresse der westdeutschen Bistümer, die die „völlige Offenlegung" der „strukturellen Verantwortungslosigkeit" fordern, sagte Waldburg-Zeil, sie seien schon seit zwei Jahren über die Lage informiert gewesen. Berlin habe bei den Verhandlungen über die so genannte Osthilfe „ein ausführliches Papier über die Haushaltslage vorlegen müssen, aus dem das Desaster komplett ersichtlich war". Doch damals habe niemand einen Einwand erhoben oder Kritik angemeldet. Die westdeutschen Bistümer sind grundsätzlich zu einer finanziellen Rettungsaktion für Berlin bereit, knüpfen dies aber an harte Bedingungen. Sie verlangen, dass Sterzinsky einen Treuhandausschuss vorgesetzt bekommt.

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