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Berlin: Das blaue Wunder in der Spree

In Berlin feiert jetzt ein Freizeitvergnügen der besonderen Art ein Revival: Badespaß in schwimmenden Schiffen. An der Arena in Treptow kann man bald in Hängematten baumeln – und in ein 24 Grad warmes Wasserbecken im Fluss springen

An der Spree kommt jetzt einiges in Fluss. Genauer gesagt: vor der Arena in Treptow. Denn wo derzeit noch Bauarbeiter Holzpfähle ins Flussbett rammen, wird am 8. Mai ein neues Freibad eröffnen. Ein ganz besonderes: „Spreebrücke“ heißt das Ensemble aus Bade-Inseln, Steg und Schwimmbad-Container. Dann kann man in der Spree schwimmen, ohne in der Spree zu schwimmen. Mit dem künstlichen, eingelassenen Flussschwimmbad wird in Berlin auch eine alte Tradition wieder zum Leben erweckt: Um die Jahrhundertwende gab es auch zwischen Jannowitz- und Elsenbrücke solche mit Frischwasser gefüllten „Badeschiffe“.

„Mit dem Projekt wollen wir an die historischen Gegebenheiten in dieser Stadt an der Spree anknüpfen“, sagt Susanne Lorenz. Die 35-Jährige aus Kreuzberg hat die „Spreebrücke“ gemeinsam mit dem Architektenteam „AMP“ auf Teneriffa entworfen. Anlass war der Wettbewerb des Vereins Stadtkunstprojekte aus dem Jahr 2002, finanziert über die Kulturstiftung des Bundes: quasi ein Quell für die Kreativen dieser Stadt. Beteiligen konnten sich damals, wie berichtet, nur eingeladene Künstler. Susanne Lorenz war dabei, und sie lernte die spanischen Kollegen während der Ausschreibungsphase kennen. „Wir haben dann schnell gemerkt, dass wir zueinander passen.“ Die Berlinerin flog nach Santa Cruz auf Teneriffa, wo inmitten des Atlantischen Ozeans die Pläne für das Berliner Flussfreibad entstanden. Zwei Jahre später wird die Vision nun Realität.

Susanne Lorenz blickt von der Bord des Restaurant- und Partyschiffes „Hoppetosse“ vor der Arena hinunter ans Ufer, wo jetzt noch Arbeitsschiffe ankern – im Arm Tochter Lenja Lucia, gerade mal zweieinhalb Wochen alt. In den nächsten Tagen wird jetzt ein anderes Baby, ihr berufliches Vorhaben, das Licht der Welt erblicken: 32 Meter lang, 8,20 Meter breit, 2,04 Meter tief, mit 240 Quadratmeter Wasseroberfläche.

Wie das Badebassin künftig genau aussieht? Einen Eindruck davon bekommt man ein paar Kilometer Luftlinie entfernt in der Werft der Märkischen Bunker- und Service GmbH. Hier wird gerade letzte Hand an das Containerschiff gelegt. Männer schweißen die Überlaufrinne an den Rand, andere Arbeiter rollen Korrosionsschutzfarbe über das aufgeraute Innere des Stahlkörpers.

Schiffe zu Schwimmbädern: Das geht eigentlich ganz leicht.

Früher schipperte der 1967 gebaute Container als Versorgungsschiff für andere Boote über die Spree, sagt die Kuratorin des Vereins Stadtkunstprojekte, Heike Catherina Müller. Doch damit der Koloss seine neue Bestimmung erfüllen kann, musste zunächst einmal Stahl herausgeschnitten werden. Stattdessen wurde eine Art Styropor hineingelassen, damit das Bassin später in der Spree nicht zu schwer ist, weder untergeht noch kentert. „Das war eine der Herausforderungen des Projektes, das Bassin so zu bauen, dass es nicht kippen kann“, sagt Frau Müller. Dann zeigt sie auf die Aussparungen am oberen Rande. „Sehen Sie die Löcher? Da kommen blaue und grüne Scheinwerfer hinein, die das Wasser nachts erleuchten“, sagt die 34-Jährige aus Prenzlauer Berg. Das Becken wird dann noch mit einer türkisblauen Folie ausgekleidet. Damit die Badenden in der Spree ihr blaues Wunder erleben.

400 000 Euro beträgt das Budget für die Anschaffung des Schiffes sowie den Umbau insgesamt – die Mittel kommen aus dem Hauptstadtkulturfonds. Die „Spreebrücke“ ist dabei eines von vier Kunstprojekten, die der Kulturfonds mit insgesamt einer Million Euro fördert. Dazu gehören auch Lichtinstallationen an den Spreebrücken nahe der Museumsinsel. Die Anschlüsse für das später auf 24 Grad erwärmte und ständig gereinigte Frischwasser stellen die Berliner Wasserbetriebe zum Freundschaftspreis bereit – darüber freut sich das „Spreebrücken“-Team.

Bis zu 500 Badegäste sollen später im und auf dem Bassin sowie den beiden Liegeplattformen aus Holz Platz finden, weitere 500 Besucher können sich am Ufer vor der Arena auf ihren Badelaken in der Sonne räkeln. Sitzbänke am Beckenrand, Hängematten an Pfählen im Wasser, Bar, Cocktails, Parties, DJ-Events – besteht da nicht auch die Gefahr, dass der ein oder andere sektselig gleich noch nebenan in die Spree springt? Natürlich gebe es für die zunächst auf fünf Jahre angelegte Badesaison in der „Spreebrücke“ auch ein Team mit Schwimmmeistern, sagt Heike Catherina Müller. Geöffnet ist ab 9. Mai von 8 bis 24 Uhr, der Eintritt kostet drei Euro. Sicher wird dann auch Künstlerin Susanne Lorenz den Bikini einpacken: „Ich schwimme selbst leidenschaftlich gern.“

Annette Kögel

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