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Berlin: Das Ende einer tollen WM: Trotz Enttäuschung wird gefeiert

Ganz Berlin stand am Sonntag im Bann des WM-Finales. Schon am Vormittag waren zehntausende Fußballfans mit Fahnen und Nationaltrikots durch die Straßen gezogen, hatten sich ein in die langen Warteschlangen vor den Fußballarenen mit Großbildleinwänden eingereiht, um das Endspiel gemeinsam zu verfolgen.

Ganz Berlin stand am Sonntag im Bann des WM-Finales. Schon am Vormittag waren zehntausende Fußballfans mit Fahnen und Nationaltrikots durch die Straßen gezogen, hatten sich ein in die langen Warteschlangen vor den Fußballarenen mit Großbildleinwänden eingereiht, um das Endspiel gemeinsam zu verfolgen.Mit dem Anpfiff waren die Straßen der Stadt dann wie leergefegt. Nach dem Abpfiff entlud sich die Enttäuschung am Breitscheidplatz in allerdings nur vereinzelten Rangeleien. Die Stimmung war deutlich aggressiver als bei früheren Spielen, die Polizei musste in etwa 40 Fällen einschreiten.

Noch Stunden nach dem Spielende bewegt sich ein Autokorso auf dem als „Fenmeile“ abgesperrten Kurfürstendamm zwischen Joachimsthaler Straße und Olivaer Platz hin und her. Um den Breitscheidplatz zählt die Polizei 6000 Feiernde, die ihre Enttäuschung über Deutschlands Fussball-Niederlage bald überwunden haben. Einzelne halten schon Schilder mit der Aufschrift „Deutschland Weltmeister 2006“ hoch. Probleme gibt es kaum, nur kurz nach Spielende hat es besonders im Bereich Rankestraße Rangeleien von alkoholisierten Fußballfans gegeben, die sich zum Teil gegen Anhänger der Brasilianer richten; unter anderem werden auch einzelne Rauchbomben geworfen, ein Schaufenster geht durch Steinwürfe kaputt. Die Polizei schreitet schnell ein, es kommt zu etwa 40 Platzverweisen und vereinzelten Festnahmen.

In den Stunden vor dem Spiel ist die Stimmung überall in der Stadt noch weltmeisterlich. Schwarz-Rot-Gold dominiert. Aufgemalt auf die Wange, in der in den deutschen Farben zusammengestellten Kleidung oder auf Fahnen und Wimpeln. Harkan und Murat haben sich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Die türkischen Brüder stehen vor dem Sony-Center, Harkan mit einigen brasilianischen, sein Bruder mit deutschen Fahnen. „Wir haben die Flaggen für Freunde mitgebracht“, sagt Murat.

Mehrere hundert Fans drängen sich vor dem Eingangszelt am U-Bahnhof Reichstag. Sporthersteller Nike hat die Untergrundstation für das WM-Finale mit Großbildleinwand ausgestattet. Draußen stehen die Fans und singen sich mit Dosenbier in Laune, noch voller Hoffnung: „Heute wird Brasilien untergehen“ oder „Miroslav, noch ein Tor“ und natürlich „Es gibt nureinen Olli Kahn“.

Bei Mercedes Benz am Salzufer reicht die Warteschlange über das gesamte Firmengelände. Mehr als 2500 Menschen sind gekommen, um das Endspiel auf der 40-Quadratmeter-Leinwand zu sehen. Am Empfangsschalter sitzt Peter Galert, eine Säule verstellt ihm den Blick auf die Leinwand. „Vom Spiel werde ich nicht viel mitbekommen“, sagt er, „ich koordiniere hier die Notdienste.“Der 15-jährige Dennis ist mit zwei Freunden aus Potsdam gekommen – „ in Berlin ist einfach mehr Stimmung“.

Aber nicht überall. Gähnende Leere auf dem Alexanderplatz. Nur vor dem Bahnhof grölen ein paar Fans optimistisch „Finale“, in der einen Hand die deutsche Flagge, in der anderen die Flasche Bier. Auch am Schlesischen Tor gibt’s trotz der versprochenen türkischen Unterstützung für die Deutschen vor dem Anpfiff noch keine WM-Stimmung, aber immerhin „Weltmeisterbrötchen“ beim Bäcker. Aus den Fenstern der Häuser hängen nur rote türkische Flaggen.

In der U-Bahn steht einsam ein brasilianischer Fan im kanariengelben T-Shirt – und berlinert. Mit dem Trikot wolle er nur provozieren, sagt der Tempelhofer. In Wahrheit schlägt sein Herz für Deutschland. Während des WM-Finales gab es laut Polizei auf den Straßen kaum noch Verkehr. Kein einziger Unfall sei gemeldet worden, hieß es.

Im Ethnologischen Museum Dahlem sind 1500 Besucher zum brasilianischen Johannisfest gekommen. In der Halbzeit machen brasilianische Trommler Stimmung, und die Besucher schwangen die Hüften. Nach dem ersten Tor der Brasilianer kommen das Publikum aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Überall Umarmungen und Küsse, beim 2 : 0 tanzen Kinder und Eltern auf der Bühne.

Michael und Diana haben in ihrer Schöneberger Wohnung zur deutsch-brasilianischen Fußball-Fete eingeladen. Gekommmen sind Freunde, allesamt Mitglieder der Samba-Band Furiosa, die das Spiel im TV in brasilianischen Trikots verfolgen.

Unterdessen haben mehrere hundert Fans die Haupthalle im Bahnhof Zoo in einen Hexenkessel verwandelt. Mit „Deutschland, Deutschland!“-Rufen und Sprechchören begleiten die Fans das Spiel auf der Großbildleinwand. Grenzschützer halten ein Spalier frei für Reisende, die zu den Zügen wollen. Nach der 67. Minute schlägt im Bahnhof die Begeisterung um. Auch in der Menschentraube vor der Sport-Kneipe „Holst am Zoo“ wird es plötzlich ganz still. Nur die 14-jährige Vivian freut sich. Die Halbamerikanerin hat sich mit Kugelschreiber „Brasilien“ auf den Arm geschrieben. Nach dem Spiel will sie feiern gehen.Ha, kt, ac, wieh, viv

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