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Berlin: Das erste Malin der Wahlkabine

130 000 Jugendliche dürfen ihr Premiere-Kreuzchen machen

Von Annette Kögel

Sie sind schwer beschäftigt, die Volljährigen in Berlin. Und bestimmt auch am kommenden Sonntag, dem Wahl-Sonntag. Da jobben angehende Juristen beim Pizzabäcker, treffen sich frisch Verliebte zum Kino-Besuch oder zu anderen Aktivitäten, belegen Auszubildende womöglich gar freiwillig Wochenend-Seminare. Und dann kommt für viele von ihnen zum ersten Mal ein ganz besonderes Bürgerrecht hinzu. 130 000 Bundestags-Erstwähler gibt es den Statistikern zufolge in dieser Stadt. 130 000 Erstwähler unter den insgesamt 2,4 Millionen Wahlberechtigten – das sind rund 10 000 junge Menschen mehr als noch vor vier Jahren, als die jetzige Bundesregierung per Wählerwille ins Amt gehoben wurde.

Wenn Jugendliche nun Stift und Wahlzettel in die Hand nehmen – gibt es Erkenntnisse über ihre Parteienpräfenrenzen? Stimmt die Annahme, dass sich junge Berliner möglicherweise eher zu Parteien des so genannten linken Spektrums zugehörig fühlen? Der stellvertretende Landeswahlleiter Horst Schmollinger verneint. „Diese Gruppe zeigt ein eher durchschnittliches Wahlverhalten.“

Vielleicht sogar ein eher konservatives: Die Verweildauer an der Schule sei heute länger als früher, gibt Schmollinger als Begründung an, und zudem fänden sich viele junge Berliner in einer Situation wieder, in der sie bei der Lehrstellen- oder Arbeitsplatzsuche leer ausgehen und sich daher einer unsicheren Zukunft ausgesetzt sehen – das alles könne für konservative Vorlieben sprechen.

Genaueres wissen die Statistiker Mitte Oktober. Bei dieser Bundestagswahl wird Horst Schmollinger zufolge die repräsentative Wahlstatistik wieder aufgenommen. Sprich: Die Zustimmung zu Parteien wird in zehn verschiedenen, auch nach Alter differenzierten Gruppen untersucht. Dann weiß man wohl auch Details zum Berliner Erstwähler-Verhalten. Die politischen Präferenzen etlicher Volljähriger wird man indes weiter nur erahnen können.

Denn ein großer Teil des jugendlichen Klientels wird am Sonntag wohl andere Dinge zu tun haben als sich an die Wahlurne zu begeben. „Erfahrungsgemäß ist die Wahlbeteiligung bei den Erstwählern die niedrigste aller Altersgruppen“, sagt Horst Schmollinger, der übrigens auch als Parteienforscher Erfahrungen gesammelt hat. Die Leute nehmen sich Sonntag voraussichtlich etwas anderes vor. Da gibt es keine Unterschiede zwischen jungen Männern und jungen Frauen.

Hintergrund sei die besondere Lebenslage, meint Schmollinger. Die jungen Leute sind in einem Alter, in dem eben vieles für das eigene Leben um einiges wichtiger erscheint als die Politik. Warum plötzlich wählen gehen, wo einen die Erwachsenenwelt ja sonst auch nicht ernst nimmt – so etwas mögen viele denken.

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