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Berlin: Das Feindbild

Warum Klaus Wowereit von Gewerkschaftern mit Margaret Thatcher verglichen wird

Überquellende Abfalleimer, ein penetranter Gestank in der gesamten Stadt, öffentliche Plätze als provisorische Müllkippen, ein gelähmtes öffentliches Leben – daran denken Briten zuerst, wenn es um die dunkle Seite der Gewerkschaften geht. Der so genannte „Winter of Discontent“ 1978/79, der „Winter der Unzufriedenheit“, markiert den Wendepunkt für die britischen Gewerkschaften. Dadurch verhalfen sie ihrer größten Gegnerin zur Macht: Margaret Thatcher. Mit den Bildern aus dem Winter vor Augen wählten sie die bis dahin regierende Labour-Regierung ab. Ersetzt wurde sie durch eine neoliberale Politik unter der „eisernen Lady“.

Sie machte sich daran, die Macht der Gewerkschaften zu brechen und gilt als Schreckgespenst der europäischen Gewerkschaftsbewegung. Nicht umsonst vergleicht Roland Tremper, der Gewerkschafts-Verhandlungsführer, den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit wegen dessen rigiden Sparkurs mit Thatcher.

Großbritannien litt vor allem in den 70er Jahren unter Gewerkschaften, denen es um Besitzstandswahrung ging, die in Kämpfen – auch untereinander – einen Streik nach dem anderen begannen und die Modernisierung in der Stahlindustrie und im Bergbau blockierten. Die Werftenindustrie wurde durch Kleinstreiks in den Ruin getrieben. Nie waren so viele Arbeitstage in der britischen Wirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg durch Streiks verloren gegangen, wie in den 70ern. 1979 markierte bei den Arbeitskämpfen nicht nur den optischen, sondern auch den zahlenmäßigen Höhepunkt: rund 30 Millionen Arbeitstage gingen durch die Ausstände verloren. Dass Großbritannien heute eine der niedrigsten Streikquoten in der EU hat, verdankt das Land vor allem der Sturheit Thatchers. Sie stand 1984/85 einen monatelangen Streik der Minenarbeiter durch, bei denen es zu regelrechten Feldschlachten zwischen Polizei und Bergleuten kam. Daneben wurde den Gewerkschaften ein enges rechtliches Korsett verpasst. Für illegale Streiks konnten die Arbeitnehmer nun verantwortlich gemacht, vor Streiks müssen Urabstimmungen durchgeführt werden.

Über alle Parteigrenzen hinweg ist mittlerweile Allgemeingut: Dass Großbritannien heute wirtschaftlich eines der stabilsten Länder in der EU ist, verdankt es seinem liberalen Arbeitsmarkt. Auch sechs Jahre Labour-Regierung haben daran nichts geändert. In den vergangenen Wochen hat Premier Tony Blair den Feuerwehrleuten die Stirn gezeigt. Bei Streiks setzte er Soldaten als Ersatzfeuerwehrleute ein.

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