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Berlin: Das geht an die Substanz

Der Sanierungsbedarf für die Kitas in Mitte kann nicht einmal ansatzweise befriedigt werden

Von Christoph Villinger

Die Kacheln in der Küche wackeln bedrohlich, sobald man sie berührt. „Bald werden auch die von der Wand fallen“, sagt Hausmeister Wolfram Eisenblätter, der gemeinsam mit 16 weiteren Hausmeistern für die 100 Kitas im neuen Großbezirk Mitte zuständig ist. „Überall im Sanitärbereich keimt und blüht es“, kommentiert er den Gang durch die Kita in der Kleinen Auguststraße. Er zeigt auf verrostete und feuchte Wasserrohre unter den Waschbecken. „Eigentlich ist die ganze sanitäre Anlage marode". Und im zweiten Stock regnet es neben einer Deckenlampe durch.

„5000 Euro im Jahr haben wir dieses Jahr für die so genannte kleine bauliche Unterhaltung - für alle 100 Kitas zusammen“, sagt Eisenblätter weiter. Gehe bei einer Kita einmal ein Schloss kaputt, sei ein großer Teil des Jahresetats verbraucht. Auch Karola Goldmann, Leiterin der Kita für 130 Kinder im Alter von acht Wochen bis zum Ende der 4. Klasse, bestätigt, dass nur das Allernotwendigste gemacht werden kann. „Dabei müsste die 1987 eröffnete Kita mal richtig saniert werden". Aber es fehle das Geld. Ab und zu helfen die Eltern, berichtet sie, „dann kommt mal ein Vater mit Farbe vorbei und streicht einen Raum neu".

So bemühen sich die 17 Hausmeister, alles irgendwie in Betrieb zu halten. Aber sie können nur noch die Mängel verwalten. „Wir benutzen unsere Privathandies, um uns zu koordinieren und fahren in unseren Privatwagen herum", sagt Eisenblätter.

Trotzdem droht den Hausmeistern zum Jahr 2004 die Abwicklung. Früher gab es für jede Kita in Mitte einen Hausmeister, „der war den Kindern persönlich bekannt, und sie konnten zuschauen, wie zum Beispiel eine abgerissene Türklinge repariert wurde.“ Dass die Kinder erfahren, wie etwas „heile gemacht wird“, findet Eisenblätter pädagogisch wichtig: „Eine sinnliche Erfahrung“.

Die Kita in der Reinickendorfer Straße 98 im ehemaligen Bezirk Wedding präsentiert sich in einem ähnlichen Zustand. Durch die Dachrinnen kann man in den Himmel schauen, an einem Knie einer Dachrinne beginnt es zu schimmeln. „Da muss ganz schnell was gemacht werden, sonst geht es an die Bausubstanz“, sagt Eisenblätter. Der Linoleumboden ist überall geflickt, in der Küche verrotten die Einbauschränke aus Pressspann und im Garten lösen sich die Holzpalisaden in Späne auf. „Auch in dieser 1956 errichteten Kita für 126 Kinder ist der ganze Sanitärbereich marode“, wie der Leiter Volker Lukas berichtet. Jedes Jahr gebe es einen Rohrbruch, die Wasserflecken vom letzten sind noch deutlich an der Decke zu sehen. „Wir stehen kurz vor dem Abgrund.“

Irgendwie gehe es im Augenblick noch, sagt er. „Aber bald ist es vorbei.“ Egal, welchen Schaden man melde, die Antwort der Verwaltung sei die gleiche: Es gebe kein Geld. Da ist es fast schon eine Lappalie, dass die bunten Bleifenster im Treppenhaus seit Jahren nicht ersetzt werden können. Hausmeister Eisenblätter zeigt in der Küche ein kleines, neu ausgewechseltes Sanitärrohr in der Warmwasserverzweigung. „Das hat 50 Euro gekostet, damit ist eigentlich der Jahresetat für diese Kita verbraucht." Auch der für die Kitas zuständige Jugendamtsleiter von Mitte, Dietmar Schmidt, bestätigt, dass die bezirklichen Mittel für die bauliche Unterhaltung gegen null gehen. „Wir können eigentlich nur noch Reparaturen machen, um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Und zur Gefahrenabwehr. Aber mehr ist angesichts der Haushaltslage nicht mehr drin."

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