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Berlin: Das gemeinsame Warten auf den Messias im Advent

St. Elisabeth ist nicht ganz leicht zu finden.

St. Elisabeth ist nicht ganz leicht zu finden. Die Kirche steht unauffällig in der Häuserflucht an der Kolonnenstraße in Schöneberg – wie so viele katholische Kirchen in Berlin, für die es auf den Plätzen oder den alten Dorfangern keinen Platz mehr gab. Doch am Sonntag kurz vor zehn fallen kleine Grüppchen auf, die vor den schweren Toren stehen. Die einen kommen aus der Kirche, setzen sich in ihre Autos mit den Rosenkränzen und karierten Wimpeln am Rückspiegel. Das sind die Christen aus der slowenischen Gemeinde. Die anderen streben ins Innere, haben die Messe noch vor sich, die Katholiken aus der Nachbarschaft, die Ortsgemeinde.

Die beiden Gemeinden leben nicht aneinander vorbei. Zwar fällt im Kirchenraum zunächst die fast komplette Innenausstattung aus den Jahren 1911-13 auf – eine Seltenheit im einst kriegszerstörten Berlin. Links oben in der Ecke leuchtet ein Glasbild, das Anton Martin Slomsek zeigt. Er ist der erste Slowene, der selig gesprochen wurde; das Porträt wurde der deutschen Gemeinde von den Slowenen gespendet, die sich für die Gastfreundschaft bedanken wollten, sagt Pfarrer Izidor Pecovnik.

An diesem Sonntag richten sich die Blicke der Gemeinde eher auf den großen Adventskranz. Im Eingangslied heißt es: „Wir sagen euch an den lieben Advent / sehet die dritte Kerze brennt. Nun tragt eurer Güte hellen Schein / weit in die dunkle Welt hinein.“ Die Sehnsucht nach dem Erlöser ist eine Kernaussage des Evangeliums (Johannes 1, 6-8. 19-28), in dem Johannes der Täufer sagt: „Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!“ In seiner Predigt führt Pecovnik aus, dass Advent die Zeit ist, in der Christen und Juden gemeinsam auf den Messias warten, sich besonders nahe sind. Sein zweiter Gedanke gilt dem Rufer in der Wüste, dem Wesen des Propheten.

Auch heute brauche man diese Seher – und es gebe sie, oft in ganz unspektakulärer Form, sagt Pecovnik: Zum Beispiel die „kleinen Brüder und kleinen Schwestern“, ein Orden, dessen Mitglieder in normalen Wohnblocks wohnen und Seelsorge an normalen Arbeitsplätzen betreiben. Sie sind mitten in der Welt und erinnern an die Gegenwart Gottes – die doch zugleich eine Sehnsucht bleibt. Denn Botschaft dieses Sonntag ist: Advent ist noch nicht Weihnachten.

Langsam, fast traurig klingt das uralte Lied „Maria durch ein’ Dornwald ging“, das die Gemeinde zum Ende singt. Noch ist nicht Zeit für „O du fröhliche“.

Jörg-Peter Rau

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