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Berlin: Das Glück des Körnerzählers

Ein Sommelier ist ein Weinexperte – aber was ist ein Risolier? Wie Stefan Fak aus seiner Begeisterung für das Lebensmittel Reis einen Beruf machte.

Bisschen affig klingt es ja schon: „Risolier“. Soll’s auch. Was einen zum Lächeln oder Wundern bringt, prägt sich besser ein. Stefan Fak weiß, wie man Marken schafft. Bevor er ins Geschäft mit dem Reis eingestiegen ist, hat er jahrelang Werbung gemacht. Für sein Heimatland. 2003 ist der Wiener nach Berlin gezogen, um beim österreichischen Tourismusverband daran zu arbeiten, dass der Nachschub an Reisenden nicht ausbleibt. War ein interessanter Job, sagt Fak, aber auf Dauer hat ihn das nicht ausgefüllt.

Jetzt kommt er gerade von einer seiner Reis-Reisen zurück – nach Indonesien. Da hat er eine Bauernkooperative besucht, die für ihn zu Fairtrade-Bedingungen alte Reissorten anbaut. Neue Bio-Anbaumethoden mit dem Handelsminister debattiert und sich wie immer durch verschiedene Sorten probiert. „Ich habe einen spannenden schwarzen und einen blumigen Rundkornreis gefunden“, strahlt Fak, als habe er den Stein der Weisen entdeckt.

30 Stunden hat er zurück nach Berlin gebraucht – sozusagen direkt in das Ladenbüro seines Internetreishandels in Prenzlauer Berg. Er gähnt – der Jetlag –, „aber eine Pause gibt’s erst im Dezember“. Fak ist 39 und seit 2010 Körnerzähler aus Passion. Inzwischen haben 80 Feinkosthändler seine besonderen Reissorten gelistet, in Berlin auch die Kaufhäuser KaDeWe oder Galeries Lafayette. Und seit er sich neulich beim „Perfekten Dinner“ auf Vox als Reiskoch versucht hat, wird der angeblich welterste Risolier immer bekannter. „Auf den Titel konnte auch nur ein Österreicher kommen, oder?“, grinst er. Da ist was dran. Den sprichwörtlichen Schmäh jedenfalls hat er.

Doch die gefällige Anmutung des Mannes und seiner in noble Kartons verpackten, mit Gewürzpülverchen und -ölen veredelbaren und fantasievoll benamsten Reissorten täuscht: Fak ist weder ein Blender noch der Strohmann eines Lebensmittelkonzerns, der Leuten eine Sättigungsbeilage als Luxusprodukt für neun Euro à 400 Gramm andrehen will. „Ich will ein tolles, unterschätztes Lebensmittel ins Schaufenster heben und nicht in fünf Jahren mit dem Ferrari rumfahren“, sagt er. Nach Letzterem sieht es auch noch nicht aus. Obwohl die Firma gut anläuft, buttert er bisher seine Ersparnisse zu.

Die Liebe zum Reis trifft Fak 2009 völlig überraschend. Er hat gerade den Werbejob gekündigt und ist ohne Idee, was zukünftig kommen soll, einfach mal nach Vietnam gereist. Da lernt er eine Frau aus Ho-Chi-Minh-City kennen und radelt mit ihr durch das grüne Mekong-Delta. Sie erzählt ihm vom Reisanbau und den daraus gewonnenen Produkten Papier, Wein, Kosmetik, Seile, Mehl, Schuhe, Sirup. „Und plötzlich hatte ich nichts als Reis in der Pupille.“ Zurück in Berlin recherchiert er los, lässt sich von allen fünf Kontinenten Reisproben schicken, zieht Köche zu Rate, entwickelt die Verpackungen mit Mediendesign-Studenten, lässt sie in der Mosaik-Behindertenwerkstatt in Spandau fertigen und stellt sich schließlich mit zehn Sorten bei Feinkost Käfer in München vor. So geht es mit Faks Firma los.

Inzwischen ist der Risolier ein wandelndes Reis-Lexikon. 400 Sorten hat er bereits probiert, weltweit würden allerdings 8000 bis 12000 Sorten kultiviert, erzählt er. Auch das sei nur ein Bruchteil der 120000 Sorten, die das internationale Reisinstitut auf den Philippinen kennt. „Langkorn, Mittelkorn, Rundkorn ist die Grundeinteilung.“ Die Sorten, die er für seine Mischungen kauft und per Schiff importiert, haben nichts mit dem etwa in Indonesien 90 Prozent der Anbaufläche dominierenden weißen Monokultur-Reis zu tun. Eine seiner leuchtend gelben, rabenschwarzen oder rötlich melierten Mischungen etwa besteht aus rotem, pinkem und braunem Reis. Er wächst in Indonesien auf Vulkanerde, daher sein spezielles Aroma. „Auf dem einheimischen Markt dort interessiert der keinen.“ Beim Risolier heißt die für seinen Geschmack zu Unrecht missachtete Sorte dann „Sparkling Volcano Terra – Der perlende Reis der Krieger.“ Das klingt natürlich exotischer als Kochbeutelreis. Fast schon ein bisschen affig.

Infos zu Stefan Faks Reishandel: www.lotao.com

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