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Berlin: Das Glück nach dem GAU

Im Öko-Drama „Die Wolke“ hat der Berliner Schauspieler Franz Dinda seine erste Hauptrolle

Seine Karriere war fast zu Ende, bevor sie begonnen hatte: Der Werbespot wäre seine erste große Chance gewesen, doch die Mutter war unerbittlich. Er musste ins Zeltlager reisen, gedreht wurde ohne ihn. Da war er 14. Aber Franz Dinda blieb hartnäckig und ist doch noch beim Film gelandet. In dem Öko-Drama „Die Wolke“ (Kinostart: 16. März) ist der in Berlin lebende Darsteller jetzt in seiner ersten Hauptrolle zu sehen.

Franz Dinda spielt Elmar, einen stillen Außenseiter, der seine erste Liebe vor dem Hintergrund einer Kraftwerkskatastrophe erlebt. Nach diesem GAU tritt aus dem Werk nahe Frankfurt eine riesige radioaktive Wolke aus. Alle Menschen, die in der unmittelbaren Nähe leben, sind sofort verstrahlt, nach kurzer Zeit sind 38 000 von ihnen gestorben. Elmar und seine Klassenkameradin Hannah (Paula Kalenberg) versuchen zu fliehen. Elmar schafft es. Hannah wird kontaminiert. Um bei ihr zu bleiben, riskiert Elmar sein Leben.

In der Realität würde Franz Dinda es genauso machen. „Ich will nicht alt, sondern glücklich werden“, sagt der 22-Jährige. „Die Wolke“ sei der erste Film, hinter dem er hundertprozentig stehe. Gedreht wurde er nach dem Jugendbuch-Bestseller von Gudrun Pausewang, der nach der Katastrophe von Tschernobyl entstand. „Den Film kann ich später meinen Enkeln zeigen“, freut sich Dinda in einer Mischung aus Überschwang und Ernsthaftigkeit. Und er klingt wie ein kleiner Junge, der zu schnell erwachsen werden musste.

Im Leinwand-Großformat vereint er die Widerborstigkeit des jungen Horst Buchholz mit den sinnlichen Zügen von Moritz Bleibtreu. Geboren wurde er in Jena. Als er fünf Jahre alt war, floh seine Mutter, eine Pastorin, mit ihm aus der DDR. Es folgte eine Tingeltour durch die westdeutsche Provinz. Sieben Mal musste er die Schule wechseln, fühlte sich oft als Außenseiter. „Ich war ein ängstliches Kind“, erzählt er. Sein erster Theater-AG-Auftritt änderte das. Die Klasse schenkte ihm eine Torte mit der Aufschrift „Für den besten Puck der Welt“. Da hatte er von der Droge gekostet, von der er nun nicht mehr genug kriegen kann – der Schauspielerei.

Dinda bewarb sich bei einer Stuttgarter Castingagentur, bekam eine Rolle in der Kinderserie „Fabrixx“, spielte in „Die Autobahnraser“, „Der letzte Zeuge“ und „Speer und Er“. Im „Traumschiff“ musste er ein Liebeslied singen. Bei jedem Job lernte er dazu, meint er. In der Komödie „Am Tag als Bobby Ewing starb“ war er als Teenager zu sehen, der mit seiner Mutter in eine Landkommune zieht. Das Anti-AKW-Milieu war für ihn damals eine fremde Welt. „Ich gehöre zu der Generation, die dachte: Strom kommt aus der Steckdose.“ Seit der „Wolke“ regt er sich über den verantwortungslosen Umgang mit der Kernenergie auf.

Nach Berlin ging er gleich nach dem Abitur. „Ich brauchte die Distanz zu meiner Mutter. So haben wir uns erst richtig lieben gelernt.“ Er fand einen Agenten und in Weißensee eine billige Wohnung. „Ich bekomme nie Besuch, habe aber die Tram vor der Tür.“ Wenn überhaupt, ist er abends in Prenzlauer Berg unterwegs, mit Fabian Zapatka. Den Sohn von Schauspielstar Manfred Zapatka lernte er bei Filmarbeiten kennen. Seine alten Freunde Michi und Henrik sieht er alle paar Monate. Kleiner Privatgag beim Wolke-Film: Er hat ihre Namen in den Abspann hineingemogelt.

Neben den Drehs nimmt Franz Dinda Unterricht an einer Schauspielakademie. „Ich muss noch viel an mir arbeiten“, sagt er. Aber reinreden darf ihm niemand. „Ich finde den Ansatz, wenn ich lange genug probiere.“ Für die Rolle eines Junkies, den er in einem Sat-1-Thriller-Mehrteiler spielen wird, hat er sich am Bahnhof Zoo herumgetrieben.

Karriere ja, aber nicht um den Preis der Wahrhaftigkeit, ist Dindas Motto. „Wenn ich jemandem in den Arsch kriechen muss, um eine Rolle zu kriegen, will ich nicht Schauspieler sein.“ Doch jetzt muss er erst mal die Karte einstecken, die er im Buchladen entdeckt hat. Seine Mutter sammelt nämlich Engelspostkarten.

Barbara Bückmann

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