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Berlin: „Das ist Barbarei“

Professoren gegen CDU-Idee, bei Geisteswissenschaften zu kürzen

Erstaunt und verärgert reagieren die Präsidenten der drei großen Berliner Universitäten auf Gedankenspiele in der CDU, die finanzielle Ausstattung der Geistes- und Sozialwissenschaften an den Hochschulen zu kürzen. Als „sehr irritierend“ bewertete der Präsident der Humboldt-Universität, Jürgen Mlynek, diese Überlegungen, die dazu dienen sollen, neue Sparpotenziale aufzutun. „Das klingt nach staatlicher Planwirtschaft“, urteilte sein Amtskollege von der Freien Universität, Peter Gaehtgens. Das Ganze sei „zu kurz gegriffen“, sagt der Präsident der Technischen Universität, Kurt Kutzler.

In einem „Masterplan Haushaltskonsolidierung“ will die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus am Dienstag beschliessen, die Natur- und Betriebswissenschaften sowie Jura zu stärken, weil diese Fächer der Wirtschaft besonders nützen. „Dagegen haben Geistes- und Sozialwissenschaften kein vergleichbares Potenzial“, heißt es in dem Papier. Die Medizin soll von Einsparungen ausgenommen werden.

„Wir brauchen Geistes- und Sozialwissenschaften, um die Qualität und den Bildungsanspruch zu halten“, kritisierte Kutzler. „Das gehört heute auch zur Managerausbildung dazu. Das Ganze verrät Unkenntnis darüber, was heute bei der Ausbildung eines Ingenieurs eine Rolle spielt.“ Solche Lenkung der Studenten funktioniere nicht, wandte Gaehtgens ein. Ein Studium der Geistes- und Sozialwissenschaften eröffne ebenfalls gute Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Die Kosten-Nutzenabwägung sei sehr fragwürdig. „Die Politik ist beispielsweise voll von Absolventen des Otto-Suhr-Instituts. Haben die nichts zur Gesellschaft beigetragen?“

„Das wäre ein kulturfeindlicher Kahlschlag und ein Akt der Barbarei“, wies der Historiker Heinrich August Winkler den Beschluss zurück. Er lehrt an der HU. „Es verschlägt einem den Atem, wenn das ausgerechnet von der Partei kommen sollte, die den Anspruch erhebt, das bürgerliche Berlin zu vertreten“.

Winkler forderte die CDU auf, ihr Programm noch einmal zu überdenken. Eine Revision des Beschlusses sei zwingend notwendig. Da die Studienplätze in den Geistes- und Sozialwissenschaften, in denen ein großer Teil der Studenten ausgebildet wird, obendrein erheblich weniger kosten als in Naturwissenschaften oder Medizin, drohe ein „Bildungsnotstand, von dem Berlin sich nicht wieder erholen würde“.

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