zum Hauptinhalt

Berlin: „Das KaDeWe gehört zur Geschichte Berlins“

Drei Jahre wurde umgebaut, jetzt ist alles neu: Geschäftsführer Patrice Wagner über Markenstrategie, Vergangenheit und Zukunft des Kaufhauses

Ist das KaDeWe zum 100.Geburtstag und nach drei Jahren Umgestaltung in der Champions League der Kaufhäuser angekommen?

Ich glaube, ja. Berlin kann das KaDeWe neu erleben: die neue Architektur, die neue Ausrichtung, die neuen Marken. Unsere Kunden und Lieferanten zeigen sich sehr zufrieden, und auch das Geschäftsergebnis bestätigt uns, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Das andere ist die Rückmeldung, die wir von unseren Kunden und Lieferanten bekommen. Und ein weiteres wichtiges Zeichen: Die uns früher zum Vorbild empfohlene Konkurrenz aus London, New York, Paris und Tokio meldet sich inzwischen bei uns zum Besuch an.

In London ist Harrods eine Sehenswürdigkeit. Fühlen Sie sich als Teil der Attraktion Berlins angemessen gewürdigt?

Klaus Wowereit spricht oft und gut über das KaDeWe. Das ist die beste Bestätigung. Die Veränderung des KaDeWe ist ein zusätzliches Argument für jene geworden, die in der Welt Werbung für Berlin machen. Wir zeigen heute, wie Berlin in ein paar Jahren sein kann, und wir leisten unseren Beitrag dazu, Berlin als europäische Hauptstadt zu präsentieren.

Das KaDeWe ist luxuriös geworden, Berlin ist immer noch arm. Passt das zusammen?

Berlin hat sich insgesamt sehr positiv entwickelt. Was in den 17 Jahren seit dem Mauerfall passiert ist, das hätte keine andere Hauptstadt in Europa leisten können. Die Deutschen sehen das viel kritischer als wir Ausländer. Franzosen, Engländer und Amerikaner haben eine ganz positive Sicht von Berlin: Die sind total beeindruckt, und in den internationalen Zeitschriften wird von Berlin geschwärmt, die Stadt ist in.

Sind wir zu kleinmütig in Berlin?

Das würde ich nicht sagen. Oftmals ist man nicht damit zufrieden, was man hat. Das kann positiv oder negativ sein. Das bringt eine gewisse Dynamik in die Stadt, weil man dann mehr daran arbeitet, etwas zu verändern.

Ist der Name Kaufhaus des Westens heute ein Anachronismus?

Nein, das ist ein sehr guter Name. Und vor 100 Jahren war er visionär. Damals war hier nur ein bürgerliches Wohngebiet, als der Kaufhausgründer sagte, ich muss dahin gehen, wo meine Kunden sind. Später war das KaDeWe für viele das Schaufenster des Westens. Das KaDeWe gehört zur Geschichte Berlins – ob alter Westen, neuer Westen, neue Mitte. Es passt. Und im Zweifel sind wir das KaDeWe. Das ist leichter auszusprechen als der Name mancher Konkurrenten. Das ist international, das kann ein Japaner aussprechen, ein Amerikaner und ein Spanier. Die wissen gar nicht, wofür KaDeWe steht.

Drei Jahre lang haben Sie umgebaut. Gelten die Ziele von damals noch?

Wir haben unsere Ziele inzwischen schon wieder weiter gesteckt. Die Entwicklung war so positiv, dass wir unsere alten Ziele eineinhalb Jahre früher erreicht haben. Wir wollten internationaler werden, weil Berlin die Hauptstadt ist, viele Diplomaten hat und internationale Besucher anzieht. Das zweite Ziel war mehr Luxus. Das ist inzwischen ganz deutlich wahrzunehmen, auch wenn das KaDeWe kein reines Luxus-Kaufhaus geworden ist. Wir machen unser Geld nicht mit Millionären oder nur mit reichen Menschen, sondern vor allem mit normalen Menschen. Denen bieten wir zusätzlich einen Traum an. Das dritte Ziel ist die Konzentration auf das Kerngeschäft. Wir haben einiges herausgenommen, etwa das Wiener Café oder die Sportabteilung. Das war teilweise schmerzhaft, aber absolut richtig. Zum Vierten sind wir eindeutig modischer geworden. Und fünftens sind wir jünger geworden. Heute kauft ein 60-Jähriger ganz anders ein als vor 20 Jahren. Der will nicht mehr als alt angesehen werden. Der fühlt sich jung, er hat Zeit und er hat Geld.

Kann das Image auch abschrecken, weil Menschen denken, das KaDeWe sei im Vergleich mit anderen teurer?

Im Gegenteil. Das gibt uns den Mut, noch weiter nach vorne zu gehen, noch unverwechselbarer zu werden. Dann fallen wir aus diesem Vergleich heraus. Nehmen Sie die Lederwarenabteilung: Wer bietet all die Marken an, die wir haben? Niemand. Eine exklusivere Positionierung der einzelnen Bereiche muss für unsere Einkäufer ein Hauptziel sein. Ich rede nicht vom Preis. Sie müssen nicht nur das Teuerste haben, Sie müssen Marken haben, die die Konkurrenz nicht hat. Nehmen Sie die Parfümerie: Wir nehmen die Marken heraus, die Sie in jedem Drogeriemarkt bekommen. Da können wir preislich mit den Discountern nicht mithalten. Und wir wollen es auch nicht. Wir fokussieren uns stattdessen auf Nischenmarken, die nicht überall verbreitet sind. Da geht es um die die ursprüngliche Philosophie des KaDeWe: Sie kommen nicht hierher, um das Gleiche zu finden wie anderswo. Sie kommen hierher, weil Sie etwas Besonderes suchen. Die Gefahr war in der Vergangenheit, dass es diese Unterscheidbarkeit nicht mehr gab. Jetzt kommen Sie hierher, um sich inspirieren zu lassen, Dinge zu finden, die es sonst nirgendwo gibt.

Darf das KaDeWe ein wenig teurer sein, weil auch das Erlebnis Kaufhaus dazukommt?

Das können wir uns nicht leisten und tun es auch nicht. Unsere Marken sind exklusiver, aber nicht teurer als anderswo. Wir folgen der Empfehlung der Hersteller. Wir haben doch inzwischen den gläsernen Einzelhändler: Sie können im Internet jeden Preis vergleichen.

Welche Rolle spielt die Luxus-Etage im Erdgeschoss?

Das ist ein wichtiger Bestandteil unseres Konzepts. Der Bereich läuft unglaublich erfolgreich. Dass diese Marken da sind, ist zugleich eine Auszeichnung für das KaDeWe und ein Erlebnis für unsere Kunden. Jeder, der hierher kommt, selbst wenn er nur eine Schokolade kauft, hat damit auch ein Stück KaDeWe gekauft. Alles trägt dazu bei, das KaDeWe spannender zu machen.

Welche Rolle spielen Veranstaltungen und Events für das KaDeWe?

Eine immer wichtigere. Das KaDeWe kommt so ins Gespräch: lokal, national und auch international. Und das ist nicht nur gut für uns, sondern gut für Berlin.

Wie entwickeln sich die Öffnungszeiten?

Gegenwärtig konzentrieren wir uns auf den Freitag mit Öffnungszeiten bis 22 Uhr. An den anderen Tagen waren die Umsätze leider nicht so gut, dass diese langen Öffnungszeiten zu rechtfertigen sind. Der lange Freitag ist aber für uns wichtig, deshalb werden wir ihn attraktiv gestalten. Wir können uns für 20 bis 22 Uhr eine Happy Hour für bestimmte Zielgruppen vorstellen. Wichtig ist für uns das Jahresende. Wir werden im Dezember ein sehr weit gefächertes Öffnungsspektrum haben, weil wir da die stärksten Kundenzahlen haben. Wir wollen dann an den Sonntagen, Donnerstag, Freitag und Samstag bis 22 Uhr öffnen und an den anderen Tagen bis 21 Uhr.

Bringen längere Öffnungszeiten mehr Umsätze oder sind sie nur ein Service-Element?

Unter dem Jahr ist das ein zusätzliches Service-Element, zum Jahresende wird es mehr Umsatz bringen.

Wie wichtig ist für Sie die Tradition Ihres Hauses?

Ich bin jetzt seit fünf Jahren hier, damit durfte ich also fünf Prozent der KaDeWe-Geschichte begleiten. Als ich hergekommen bin, war ich 35 Jahre alt, und viele zeigten sich skeptisch. Ich bin jung genug, um alles durcheinanderzubringen, aber auch traditionsbewusst genug, das Gute zu bewahren. Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, was der Erfolgsfaktor der Gründer und von deren Nachfolgern war. Was sie gemacht haben, war, ein Erlebnis zu schaffen. Die Leute sind gekommen, um zu staunen. Das KaDeWe lebt heute von seiner Tradition und von seiner Mannschaft. Diesbezüglich bin ich konservativ.

Strahlt der Imagewechsel in Berlin auch auf den Gesamtkonzern aus?

Eindeutig ja, ansonsten hätten wir nicht die Premium-Group geschaffen.

Welche Ziele haben Sie noch?

Zunächst mal, das Niveau zu halten, und das ist keine leichte Aufgabe. Dann ist noch einiges an Feintuning zu leisten. Drittens natürlich das wirtschaftliche Ergebnis: Wir müssen eine zweistellige Umsatzrendite erreichen.

Aber ein bisschen langweiliger als in den vergangenen Jahren könnte es schon werden für Sie.

Die Gefahr besteht nicht. Mittlerweile darf ich mich auch um das Alsterhaus in Hamburg kümmern und um München und Frankfurt.

Also, Sie entfernen sich ein wenig von Ihrem Stammhaus?

Diesen Fehler werde ich nicht machen. Ich bleibe für das KaDeWe zuständig.

Das Gespräch führten Lorenz Maroldt und Gerd Nowakowski.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false