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Berlin: Das kleine Versailles strahlt wieder

20 Jahre dauert die Sanierung von Schloss Groß Rietz. Gebaut hatte es einst ein protzsüchtiger Adliger.

Gross Rietz - Vielleicht klingt der Vergleich mit Versailles etwas gewagt. Doch dem märkischen Landadel kam es selbst fernab der größeren Städte aufs Repräsentieren an. Ein Beispiel ist das Barockschloss Groß Rietz zwischen dem Scharmützelsee und Beeskow. Nach 20-jähriger Restaurierung kann tatsächlich wieder von einem Schmuckstück gesprochen werden. Streng genommen hat es mit Versailles nur die Entstehungszeit am Ende des 17. Jahrhunderts gemein, aber der Bauherr Hans Georg von der Marwitz brauchte Aufmerksamkeit, und da warb er eben mit dem Zusatz „schön wie Versailles“. Das Innere zeugt bis heute vom Bedürfnis des Adligen nach Renommee: Die opulente Treppe sprengt etwas die Proportionen, das Fürstenappartement mit Ankleide-, Empfangs- und Schlafzimmer passt eher zu Königsschlössern und die hohen Decken gaukeln eine ungewöhnliche Zimmergröße vor.

Allerdings erhalten neugierige Besucher nicht ständig freien Zutritt zu dem Barockbauwerk. Denn obwohl das Haus von der Brandenburgischen Schlösser GmbH für 4,8 Millionen Euro liebevoll restauriert wurde, ist die Schlüsselgewalt vor wenigen Tagen an eine Berliner Marketingfirma übergegangen. Auch der einstige Barockgarten, der Ende des 19. Jahrhunderts zu einem englischen Landschaftspark umgestaltet wurde, erhielt von der Schlösser-Gesellschaft für 800 000 Euro sein ursprüngliches Aussehen zurück. „Wir retten kulturhistorisch wertvolle Schlösser vor dem Verfall und suchen dann einen geeigneten Interessenten“, sagt der Schlösser-GmbH-Chef Wolfgang Illert. Im Fall von Groß Rietz sei erstmals ein Mietvertrag für eine private Nutzung abgeschlossen worden. 18 Schlösser, deren Sanierung sich die Gemeinden allein nicht leisten können, gehören heute zum Bestand.

Bei der Gründung der Brandenburgischen Schlösser GmbH 1992 zählte noch das Land Brandenburg zu den Gesellschaftern. Aber es zog sich 2001 aus finanziellen Gründen zurück, so dass jetzt nur noch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz alle Mittel aufbringt. Zu den Vorzeigeadressen zählen die als Hotel betriebenen Schlösser in Reichenow und Steinhöfel im Brandenburger Osten und Fürstlich Drehna im Süden. In Diedersdorf bei Seelow sind Büros eingezogen und in Blankensee am südlichen Berliner Umland empfängt ein Hotel- und Tagungszentrum seine Gäste. Gebaut wird derzeit noch an den Lausitzer Schlössern Altdöbern und Großkmehlen, während für Martinskirchen bei Mühlberg an der Elbe noch ein Nutzer gesucht wird.

„Auch für das schöne Groß Rietz gab es nicht viele Interessenten“, sagt Geschäftsführer Illert. „Für ein Hotel reichte die Zahl der Zimmer nicht aus, und die von uns lange favorisierte Botschafterresidenz scheiterte am notwendigen Sicherheitskonzept im Park.“ So sei er sehr froh, dass das Berliner Unternehmen no.nonsense die 1800 Quadratmeter große Fläche nutzen will. Dessen Chefin Kathleen Wegenstein hat das Ambiente schon als Kulisse für Fotoaufnahmen getestet. „Künftig sollen hier Gemäldeausstellungen und die unterschiedlichsten Veranstaltungen stattfinden“, sagt die Unternehmerin. „Mit der benachbarten Kirche sind bereits einige Konzerte vereinbart worden.“ Spätestens zur Adventszeit öffnet im Keller des Schlosses eine Ausstellung mit Spielzeug und Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge. Spätestens dann wird auch Gelegenheit sein, sich noch mehr mit der wechselvollen Geschichte des Hauses zu beschäftigen. Denn nach Kriegsende 1945 teilte Groß Rietz das Schicksal vieler Brandenburger Schlösser: Es bot Wohnung für Flüchtlinge, war dann Kindergarten, Kneipe und Gemeindevertretung. Nach der Wiedervereinigung hatte Hans-Günther von der Marwitz, der 1945 als 17-Jähriger mit seiner Familie das Schloss verlassen musste, jahrelang um die Rückgabe des Besitzes vor Gericht gestritten. Doch die Bodenreform im Osten blieb unangetastet. Das „kleine Versailles“ wechselte von der Gemeinde zur Schlösser GmbH – für eine symbolische DM.

Weitere Informationen unter www.schloesser-gmbh.de

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