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Berlin: Das Kultur-Gut

Eine verfallene Villa mit Park in Neukladow soll ein Zentrum für Kunst werden: Drei Privatmänner arbeiten daran

Wie eine Dornröschenhecke umgibt ein Bauzaun das Haus mit den runden Giebeln. Türen und Fenster sind zum Schutz vor Vandalismus mit Metallplatten gesichert. Durch deren Lochmuster fällt Dämmerlicht in die prächtigen Säle im Erdgeschoss des alten Gutshauses Neukladow am Havelufer. Bismarcks Mutter wuchs hier auf. Später malte der Künstler Max Slevogt auf dem Gut. Gerade wandern drei ganz unterschiedliche Männer durch die halb verfallenen Zimmerfluchten. Der erste träumt von Kunst und Geschichte. Der zweite von Stiftungen und Betriebsgesellschaften. Und der dritte von Heizungen und elektrischen Leitungen.

Der Kreuzberger Künstler Reinhard Stangl, der Rechtsanwalt Frank Auffermann und der Bauunternehmer Rüdiger Zellmann aus Kladow wollen das alte Anwesen wiederbeleben: „Wenn der Ort noch länger verlassen bleibt, wird er bald ganz zerstört sein“, sagt Zellmann. Deshalb haben die drei Männer kurzentschlossen das Grundstück gemietet und eine Betriebsgesellschaft für den „Kulturpark Neukladow“ gegründet. Noch gehört das Gut dem Bezirk Spandau, der Besitz soll einer Stiftung übertragen werden. Doch eine Stiftungsgründung dauert ein bis zwei Jahre – zu lange für Stangl, Zellmann und Auffermann: „Wir fangen jetzt einfach an“, sagen sie.

Lesungen, Ausstellungen und Feste wollen sie organisieren. Am 3. September um 16 Uhr geht es los – trotz des schlechten Gebäudezustandes. Noch gibt es keine Heizung, keinen Strom und kein Wasser. „Wir wollen erst mal das Haus zeigen und die Menschen wachrütteln,“ sagt Zellmann.

20 junge Berliner Künstler hat Maler Reinhard Stangl eingeladen, bei dieser ersten Veranstaltung ihre Bilder zu zeigen – besonders bunte, damit es nicht zu trist wird inmitten des Verfalls. „Wir wollen die Geschichte Berlins mit moderner Kunst zusammenbringen“, sagt der Künstler, der schon in Luckenwalde aus einem alten Hof eine Kunsthalle gemacht hat. Ähnliches plant er auch in Neukladow: „Die fehlende Kunsthalle, über die in Berlin immer wieder diskutiert wird, könnte hier entstehen.“

„Hier“ ist es im Moment noch zappenduster: eine ehemalige Cafeteria, erbaut zur Zeit, als die Arbeiterwohlfahrt auf dem Gutsgelände ein Barackenferienlager unterhielt. Das 50 Meter vom Gutshaus entfernte Flachdachgebäude ist von Efeu überwuchert und verbarrikadiert. Einst hatte es eine große Fensterfront mit freiem Blick über den Wannsee. Jetzt knirscht das Glas unter den Schuhen, es ist kaum etwas zu sehen, aber Stangl kann sich alles genau vorstellen: „Es wird wunderbar hell hier sein. Und wir brauchen Stellwände.“

Auch für die Überreste des abgebrannten Kutscherhauses gibt es einen Plan: Ein Café soll dort entstehen. Vier Millionen Euro rechnet Bauunternehmer Zellmann für die Sanierung der Gebäude und noch einmal 1,5 Millionen für den Park. Dort malte Slevogt Anfang des 20. Jahrhunderts oft. Malerkollege Max Liebermann kam ab und zu von der anderen Seite des Wannsees vorbei. „Die beiden waren sich nicht grün“, sagt Stangl. Liebermann fand das Anwesen zu groß.

Demnächst soll es wieder eine Verbindung zu Liebermann geben – eine Fähre in Richtung Liebermann-Villa. An deren großem Erfolg orientieren sich die drei Organisatoren. „Aber das hier wird ein paar Nummern größer“, sagt Stangl. Er glaubt an den Erfolg. „Wir sind keine Traumtänzer, sondern das richtige Dreiergespann für diese Aufgabe.“

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