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Berlin: Das letzte Wort haben die Erben

Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte ersteigerte das Haus Schwarzenberg. Ob sie es bekommt, entscheidet sich erst nächste Woche

Gestern um 11.17 Uhr fiel der Hammer. Der Saal 3810 im Amtsgericht Mitte war so voll, dass viele Zuschauer und Interessenten stehen mussten. Unter ihnen viele Freunde, Künstler und Mitglieder des Hauses Schwarzenberg e.V., denn um dessen Zukunft geht es. Manche Zuschauer jubelten und klatschten am Ende des nervenaufreibenden Pokers – aber die Freude währte nur kurz. Denn der Gewinner der Zwangsversteigerung des Grundstücks Rosenthaler Straße 39 steht immer noch nicht fest.

Fest steht, dass die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) mit dem Angebot von 2,5 Millionen Euro ihre drei Mitbieter aus dem Rennen um das Filetstück neben den Hackeschen Höfen geworfen hat. Nun müssen zunächst dessen Eigentümer dem Angebot der WBM zustimmen. Das Grundstück gehört einer Gemeinschaft von über 20 zerstrittenen, weltweit verstreut wohnenden Erben des letzten Eigentümers Ernst Wachsner. Sie wurden vertreten von zwei Anwälten, die nach der Versteigerung Widersprüche einlegten. Die Anträge sollen jetzt beraten werden. Ob die WBM den Zuschlag bekommt oder nicht, soll nächsten Dienstag, 9 Uhr, im selben Saal verkündet werden.

Für die Künstler und Kulturmacher von Schwarzenberg hält die Anspannung an. „Ich hätte mir so Erleichterung gewünscht“, sagt Künstlerin Lisa, die in einem Atelier von Schwarzenberg arbeitet. Doch mit den Anträgen der Anwälte bleibt ihr auch nach der Versteigerung der Bauchschwindel.

Henryk Weiffenbach, Vorsitzender des Vereins Schwarzenbergs, gibt sich dennoch optimistisch. Der Verein, der in den unsanierten Gewerbegebäuden Ateliers, Galerien und ein Programmkino betreibt, steht in einem guten Verhältnis zur WBM. Seit Vereinsgründung des Vereins habe die WBM zur positiven Entwicklung beigetragen, hieß es gestern Abend in einer Stellungnahme von Schwarzenberg. „Sie ist ein willkommener Partner“. Trotzdem wissen die Kulturmacher noch nicht genau, was die WBM vorhat, wenn sie den Zuschlag erhält

Die WBM habe erst am Nachmittag vor der Versteigerung erfahren, dass sie als Bieter „für Bund und Land auftreten sollte“, sagte WBM-Geschäftsführer Karl-Heinz Schmidt. „Eine andere Möglichkeit hat es nicht gegeben. Wir sind stolz, dass wir das so kurzfristig organisieren konnten.“ Ursprünglich hatte der Sozialpädagogische Dienst Berlin (SPI) als Bieter und Partner für Schwarzenberg auftreten sollen. Die Hintergründe der kurzfristigen Änderung wollten gestern weder Schwarzenberg, noch WBM oder SPI erklären.

Auf dem Grundstück in der Rosenthaler Straße befinden sich neben dem Haus Schwarzenberg auch das Anne-Frank-Zentrum und das Museum „Blindenwerkstatt Otto Weidt“, eine Dependance des Jüdischen Museums. Es gebe ein politisches Interesse, diese Einrichtungen zu sichern, sagte Schmidt. Die WBM will die Gebäude sanieren, aber nicht kommerziell nutzen. Das Konzept über die künftige Nutzung will die WBM in „Gesprächen mit allen Beteiligten“ entwickeln.

Neben der Hamburger Projektentwicklergesellschaft aus Harm Müller-Spreer und Klaus Engelbrecht-Schnür boten zwei private Geschäftsleute mit, Nicole Schauder-Shani und Michael Linckersdorff. Beide gaben an, sie hätten den Ort als Kulturstätte „so erhalten wie er ist“. Für Schwarzenberg-Sprecher Heinrich Dubel kamen die beiden dagegen „aus dem Nichts. Es ist schon erstaunlich, wer jetzt plötzlich alles Kultur machen will.“

Till Schröder

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