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Berlin: Das rot-rote Lockangebot für die Einheitsschule

Eine bessere Ausstattung für Modellschulen verzerrt den Vergleich

Von Mieke Senftleben

Die überwiegende Mehrheit der Berliner will sie nicht: die Einheitsschule. Das veranlasste dann auch einige hohe Funktionäre bei SPD und Grünen kurz vor der Wahl zurückzurudern und – entgegen den existierenden Parteitagsbeschlüssen – zu versprechen, dass alles beim Alten bliebe. Die Wähler vertrauten den Worten von Wowereit und Co., dass kein Kulturkampf gegen das gegliederte Schulsystem geführt werden würde.

Nun will die künftige Regierungskoalition zu subtileren Mitteln greifen, um ihren Willen letzten Endes doch noch durchsetzen zu können. Man will „Modellschulen“ zusätzlich fördern, die sich auf das Experiment Einheitsschule einlassen, und hofft darauf, dass sich möglichst viele andere Bildungseinrichtungen anschließen, angelockt durch den Ausstattungsvorsprung. Diese Rechnung kann jedoch nicht aufgehen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Eine Besserausstattung der Modellschulen gegenüber den Regelschulen ließe sich finanzpolitisch nur für einige wenige Standorte auf Dauer durchhalten. Steigt jedoch die Zahl der Versuchsschulen oder würde dieses Modell wie beabsichtigt ab 2011 zur Regelschule, so ergäben sich eklatante Finanzierungsengpässe. Eine auskömmliche Finanzierung eines Einheitsschulsystems auf der Ausstattungsbasis der Modellschulen würde einen enormen zusätzlichen Mitteleinsatz verlangen. So muss die Frage erlaubt sein, ob derartige Investitionen nicht effektiver für die Verbesserung der existierenden Schulformen eingesetzt werden könnten. Dies müsste zunächst untersucht werden.

Für einen zulässigen Vergleich der Schulformen bedarf es aber gleicher Ausgangsbedingungen – ansonsten sind Rückschlüsse auf die Bildungsleistung der Schulformen unzulässig. Die FDP plädiert schon seit Langem dafür, die Schulen auf der Basis der Schülerzahl mit einem Budget auszustatten, wobei das soziale Umfeld bei dieser Budgetierung berücksichtigt werden muss. Die Schulen organisieren dann eigenverantwortlich das Personalmanagement und das pädagogische Profil. Aufgrund dieser Budgetierung findet fairer Wettbewerb zwischen den Schulen und den unterschiedlichen pädagogischen Konzepten statt. Verzerrende Faktoren und Nachteile, wie z.B. eine unterdurchschnittliche Lehrerausstattung, werden ausgeschaltet, denn alle Schulen würden ähnliche Ausgangsbedingungen vorweisen können. Unter dieser Voraussetzung wäre ein Modellversuch Einheitsschule akzeptabel. Entscheidend ist, dass sich dieses Experiment auf gleicher Augenhöhe mit den herkömmlichen Schulformen messen lassen und unter Beweis stellen muss. Es ist schon perfide, wenn ein Schulmodell, welches ideologisch durchgesetzt werden soll, optimal ausgestattet wird – und andere Schulen so automatisch schlechter gestellt werden!

Erinnern wir uns daran, was uns Pisa wirklich lehrt: Um endlich die Startchancen aller Kinder zu verbessern, muss die vorschulische Bildung dringend qualifiziert werden. Eine bessere Aus- und Weiterbildung des pädagogischen Personals in allen Bildungseinrichtungen ist erforderlich, um die Kinder und Jugendlichen individuell fördern zu können. Schulen brauchen weniger Anweisungen von „oben“, dafür sollen sie eigenverantwortlich agieren können. Reformen müssen vor Ort eingeleitet werden. Nur so werden sie engagiert und kreativ umgesetzt. Auf diese Weise können unsere Schulen besser werden. Machen wir endlich die Bahn frei für das bereits erfolgreiche Modell der „eigenverantwortlichen Schule“!

Die Autorin ist bildungspolitische Sprecherin der Berliner FDP.

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