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Berlin: Das System Wowereit: Unwidersprochen widersprüchlich

Schon vor der Berliner Wahl am 21. Oktober hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) "schwierige Koalitionsverhandlungen" vorausgesagt.

Schon vor der Berliner Wahl am 21. Oktober hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) "schwierige Koalitionsverhandlungen" vorausgesagt. Gegen Ende dieser Woche beginnt am großen Konferenztisch das Gerangel zwischen SPD, FDP und den Grünen. Die müssen zunächst eine Hürde nehmen: Am Mittwoch soll die Landesdelegiertenkonferenz ihr Okay zur Installation der Ampel geben.

Propheten rechts, Propheten links, das Weltkind in der Mitten - so sieht die Führung der Sozialdemokraten die Lage. Sie hatte sich gewunden und unter dem Einfluss des Kanzlers gegen die bequemere rot-rote Koalition von SPD und PDS entschieden. Nun wird es also für Klaus Wowereit ernst. Hat er das Zeug dazu, den Senat auf stabile Beine zu stellen?

Im Gegensatz zu seinen zehn Vorgängern seit 1950 ist Klaus Wowereit der Regierende Bürgermeister mit der Blitzkarriere. Einige wie Ernst Reuter, Willy Brandt und Richard von Weizsäcker hatten prägende Erfahrungen und einen klangvollen Namen, bevor sie das Amt antraten. Andere hatten Zeit für den Aufstieg und obendrein politische Lehrmeister; Brandt war es für Klaus Schütz, Weizsäcker für Eberhard Diepgen. Insofern fällt Wowereit aus dem Rahmen: Er kam, sah und siegte - bisher.

Wer ist er? Administrative Erfahrung hat er elf Jahre als Volksbildungsstadtrat in Tempelhof gesammelt. Politische Konturen zeigt der jetzt 48-jährige Volljurist erst, als er 1995 in das Abgeordnetenhaus einzieht. Von da an gibt er den SPD-Ton in der Haushaltspolitik an; er fällt als eine der wenigen wirklichen Stützen der heftig umstrittenen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) auf, stärkt ihre rigorose Spar- und Modernisierungspolitik. Die Gesundung der Finanzen bleibt für ihn bis heute das A und O der Berliner Stadtpolitik.

Ende 1999 erobert Wowereit scheinbar spielerisch den Fraktionsvorsitz; unauffällig bringt er die Seinen auf Linie. Und seit dem Frühjahr 2001 nutzt er die Gelegenheit der Bankenaffäre, wagemutig viel zu bewegen. Er hat die Große Koalition gesprengt, die CDU mit Hilfe der PDS und Grünen entthront, die PDS enttabuisiert, die SPD zum Wahlsieg geführt, wenn auch trotz größerer Gewinne nur mit knapp 30 Prozent. Die ersten vier Amtsmonate hat er mit Bravour bestanden. Es war eine Ausnahme-Situation. Er stand in der Sonne, jetzt beginnt der graue Alltag. Bald wird man wissen, ob aus dem regierenden Zwischenmeister ein Meister der Regierungskunst werden kann.

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