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Berlin: Das Tor verdichtet sich

„Noch ist nichts entschieden“, versicherte am Montag der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Joachim Günther. Noch sei man dabei, die veränderten Verkehrsströme zu prüfen, „weil eine dauerhafte Regelung ordentlich vorbereitet sein muss“.

„Noch ist nichts entschieden“, versicherte am Montag der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Joachim Günther. Noch sei man dabei, die veränderten Verkehrsströme zu prüfen, „weil eine dauerhafte Regelung ordentlich vorbereitet sein muss“. Bis Herbst falle die Entscheidung. Die Anzeichen aber haben sich nach Ansicht des PDS-Fraktionschefs Harald Wolf verdichtet, dass es dicht bleibt – das Brandenburger Tor.

Alles scheint eine Sache der Gewöhnung zu sein. Seit Anfang Mai ist das Tor nun schon wegen Pflasterarbeiten auf dem Pariser Platz für den Durchgangsverkehr gesperrt, entgegen erster Zusagen von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Noch im vergangenen Juli hatte er versichert, der Ost-West-Durchgangsverkehr am Brandenburger Tor werde ständig gewährleistet sein. Aber dann war die Sperrung wegen der Platz-Pflasterung und Fundamentsanierungen des Tores offenbar unumgänglich. Strieder ordnete im Frühjahr die Schließung an – bis Mitte September. Was damals weder er noch seine Experten für möglich gehalten hatten, funktionierte: Die weitgehend reibungs- und vor allem staulose Umfahrtmöglichkeit. So verwundert es die Behörden kaum, dass mehr als die Hälfte der Berliner einer Umfrage zufolge dagegen sind, dass nach Sanierungsende Anfang Oktober das Tor wieder für Privatautos geöffnet wird.

Und auch im Abgeordnetenhaus stehen die Signale für die Tordurchfahrt auf rot-rot, nachdem sich die Fraktionschefs von SPD und PDS, Michael Müller und Harald Wolf, Ende Juni auf eine dauerhafte Schließung geeinigt hatten, und auch die Grünen dieser Ansicht sind. CDU und FDP wollen allerdings weiterhin die freie Durchfahrt gewährleistet sehen – die CDU nach Auffassung ihres verkehrspolitischen Sprechers Alexander Kaczmarek vor allem wegen des Symbolwertes. Und auch der Deutsche Bundestag vertraut weiterhin auf eine Öffnung des Brandenburger Tores, weil er die schmale Dorotheenstraße als Entlastung für den Ost-West-Verkehr für ungeeignet hält.

Aber entscheiden werden der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder, einer parlamentarischen Mehrheit für die dauerhafte Schließung können sie sich sicher sein. Strieder soll seinen Widerstand gegen die Schließung des Tores aufgegeben haben, gestern war er für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Sein Sprecher Joachim Günther betonte, eine mögliche Entscheidung für die Verkehrssperrung des Tores (ausgenommen Busse und Taxen) habe nichts mit Zusagen des Landes an die Amerikaner wegen der Sicherheitsabstände zu ihrer geplanten Botschaft oder gar mit Umfrageergebnissen zu tun. PDS-Fraktionschef Wolf bestätigte, ihm seien derartige Zusammenhänge nicht bekannt. Es setze sich aber angesichts ausbleibender Staus die Erkenntnis durch, dass die Aufenthaltsqualität des Pariser Platzes keinen Durchgangsverkehr verkrafte.

Eine Verkehrssperrung des Tores käme unbestritten der Sicherheit der Fußgänger zugute, wie allein schon ein historisches Beispiel belegt. Wolf Thieme und Siegfried Rockendorf erinnern im Buch „Berlin kocht“ an das alte Adlon. „Inhaber Lorenz Adlon hängt noch ganz im Gestern, er läuft gedankenlos durch die mittlere Passage des Brandenburger Tores, die im Kaiserreich den Hohenzollern vorbehalten war, und kommt prompt unter die Räder der neuen Zeit. Schon im November 1918 ist er dort von einem Auto überfahren worden, der zweite Unfall im April 1921 am derselben Stelle wird tödlich enden.“Christian van Lessen

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