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Berlin: Das Treffen der Königinnen

Museum für Kommunikation zeigt Mauritius-Marken

Für eine Blaue oder Rote Mauritius tun Briefmarkenfreunde fast alles. Zum Beispiel „Herr Heinrich Franz von Ohnegleichen / Der sammelte gern Postwertzeichen / Mit Zähnen und mit glatten Rändern / Aus Übersee und andern Ländern“. Die Aufkleber von anno dazumal waren für ihn zwar unerschwinglich, aber glaubt man Heinz Erhardt, fand der wackere Sammler bei Geburt einer Tochter dafür eine Lösung: Er nannte das Kind Mauritius.

Es ist unwahrscheinlich, dass sich ab 2. September unter den vor dem Museum für Kommunikation drängelnden Philatelisten auch einer befindet, der Sohn oder gar Tochter Mauritius getauft hat, aber ganz ausgeschlossen ist es nicht. Und er würde dann gewiss mit Nachwuchs anrücken, schließlich hat es nie zuvor eine solche museale Ansammlung von Mauritius-Marken gegeben: 27 Exemplare gibt es noch weltweit, rund drei Viertel werden vom 2. bis 25. September in der Leipziger Straße zu sehen sein, was das Museum jetzt im Vorfeld als „Treffen der Königinnen“ rühmte.

Zwei Exemplare hat das Museum selbst zu bieten: eine 1847 auf einen Brief geklebte, aber nicht abgestempelte Blaue Mauritius, die das Reichspostmuseum 1904 erworben hatte; und einen ebenfalls mit einer Blauen Mauritius frankierten Brief, 1902 im Archiv der Weinhandlung Edward Francis in Bordeaux entdeckt. Ein Schuljunge war auf diese Kostbarkeit gestoßen, hatte dabei auch den „Bordeaux-Brief“ gefunden, der Sammlern als „Kronjuwel der Philatelie“ gilt, frankiert mit Blauer und Roter Mauritius. Auch dieser Brief, Teil einer Privatsammlung, ist in Berlin zu sehen, dazu Exponate aus dem Besitz der britischen Krone, der British Library, der Postmuseen in Den Haag und Stockholm sowie dem Blue Penny Museum aus Port Louis auf Mauritius.

Der heute unabhängige Inselstaat im Indischen Ozean war seit 1814 britische Kronkolonie. Die berühmten Marken (blau: Two Pence; rot: One Pence) wurden dort 1847 in einer Auflage von je 500 Stück herausgegeben. Ihr Vorbild war die britische „Black Penny“ mit dem Profil der jungen Queen Victoria, die erste Briefmarke der Welt. Durch ihren Aufdruck „Post Office“ hielt man sie zunächst für einen Fehldruck, was die Sammlerleidenschaft erst recht entfachte. Auf den späteren, weniger wertvollen Auflagen steht „Post Paid“ (Gebühr bezahlt).

Der Aufdruck der Erstauflage war Ursache hartnäckiger Legenden. So soll der Graveur den geplanten Text vergessen und kurzerhand den des Schildes an einem nahen Postamt genommen haben: „Post Office“. Auch habe Lady Gomm, Gattin des Gouverneurs von Mauritius, die Marken eigens herstellen lassen, um die Einladungen zu einem Kostümball mit eigenen Marken schmücken zu können.

Die berühmten Mauritius-Marken haben sogar die Fantasie von Drehbuchautoren beflügelt. So wurde 1919 mit Käthe Dorsch der Stummfilm „Die blaue Mauritius“ gedreht, 1937 folgte „Der Mann, der Sherlock Holmes war“. Der Film hatte im Ufa-Palast am Zoo Premiere und handelt von dem liebenswerten Gauner-Duo Morris Flynn (Hans Albers) und Macky McPherson (Heinz Rühmann), die sich wie Sherlock Holmes und Dr. Watson kleiden, alsbald für die berühmten Detektive gehalten werden und prompt in Brüssel den Austausch von ausgestellten Mauritius-Marken gegen Fälschungen aufklären sollen. Keine Frage, dass dieser Auftrag gelingt: „Jawohl, meine Herrn, so haben wir es gern.“ Andreas Conrad

Museum für Kommunikation, 2. bis 25. September, Di – So 9 bis 22 Uhr. Eintrittskarten können unter www.mauritius-in-berlin.de gebucht werden. Neben den zeitgebundenen tickets (8 Euro, ermäßigt 5 Euro) gibt es VIP-Tickets ohne Zeitbindung für 22 Euro.

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