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Berlin: „Das war Folter, was Ihr Kind ertragen musste“

Bewährungsstrafe für Eltern von insgesamt acht Kindern Sie hatten ihre siebenjährige Tochter zum Sündenbock der Familie gemacht

Hand in Hand standen die angeklagten Eltern vor dem Richtertisch. Sie sahen die Bilder, die das Martyrium ihrer Tochter Diana (Name geändert) dokumentieren. Sie war sieben Jahre alt, als sie mit Hämatomen ins Krankenhaus kam. „Sie ist gegen den Schrank gefallen“, sagte der Vater. Die Wahrheit ist: Diana wurde geschlagen, gefesselt, getriezt. „Das war Folter, was Ihr Kind ertragen musste“, sagte später die Richterin.

Vor dem Amtsgericht ging es gestern um sechs Wochen aus dem Leben des Kindes. Es sind Vorfälle, die das Mädchen den Ärzten schilderte – vermutlich nur die Spitze des Eisberges. „Sie war sehr bockig und schlimm beim Essen“, sagte die Mutter. Nach einigem Zögern gaben sie und ihr Mann die Vorwürfe zu. „Wir waren überfordert, haben zu spät professionelle Hilfe geholt“, verteidigte sich der Vater. Diana ist das fünfte von insgesamt acht Kindern. Sie war in der Schöneberger Familie offenbar das Mädchen, das jeder misshandeln durfte. Wenn sie aus der Schule kam, musste sie in der Regel bis zum Abendessen auf ihrem Bett sitzen – zur Zimmerwand gerichtet, mit einer Decke über dem Kopf, hieß es in der Anklage. Wollte sie zur Toilette, musste sie die Eltern fragen. „Wenn sie sich nicht daran hielt, wurde sie mit einem Kochlöffel am ganzen Körper geschlagen.“ Danach habe das Kind „Stubenarrest auf Lebenszeit“ bekommen. Das Mädchen wurde an Händen und Füßen gefesselt und von allen Aktivitäten der Familie ausgeschlossen. Als Hauptmahlzeit bekam Diana nur Haferflocken oder Cornflakes. Sie wurden mit den Worten „friss oder stirb“ serviert.

Das Mädchen kam nach den Übergriffen im Sommer 2004 in eine Pflegefamilie – ihre Eltern wollten sie nicht wiederhaben. Am Telefon sagte die Mutter zu Diana: „Keiner kann dich leiden.“ Die jetzt Zwölfjährige leide bis heute unter Albträumen und Schlafstörungen, sagte eine Betreuerin. Sie gelte als seelisch behindert. Das Gericht verurteilte das Ehepaar zu je zwei Jahren Haft auf Bewährung. Zudem wurde den Eltern ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.

Indes wurden die drei vernachlässigten Kinder aus Spandau gestern vom Kindernotdienst in eine Jugendhilfeeinrichtung gebracht. Wie berichtet, hatte die Mutter die Geschwister während einer Zechtour alleine gelassen. Stadträtin Ursula Meys (SPD) sagte, es habe gestern einen Hausbesuch bei der Mutter gegeben. „Der Zustand der Wohnung war ordentlich und die Mutter kooperativ.“ Ob die Kinder zurückkehren können, müssten weitere Gespräche zeigen.

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