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Berlin: Das wird ein Zirkus

Ein bunter Konvoi rollt heute durch die Innenstadt – aus Protest gegen das Verbot von Wildtieren in der Arena

Ein bunter Zug dürfte es werden, der heute ab 14 Uhr quer durch die Berliner Innenstadt zieht: Mit einem Konvoi von bis zu 150 Wagen und Zugmaschinen will ein bundesweites Bündnis von rund 50 Zirkusunternehmen gegen den Beschluss des Bundesrates protestieren, Wildtiere wie Affen, Elefanten und Großbären in Zirkussen zu verbieten.

Sollte der Beschluss der Länder von der Bundesregierung abgesegnet werden, „droht den 350 in Deutschland reisenden und arbeitenden Zirkussen das Aus“, befürchtet Bodo Hölscher, Direktor des „Circus Fliegenpilz“ und Veranstalter der Demonstration. Der Bundesrat hatte im Oktober beschlossen, einige Wildtiere künftig aus Zirkussen zu verbannen. Deren Ansprüche könnten in einem reisenden Unternehmen nicht erfüllt werden. Jetzt muss Agrarministerin Renate Künast (Grüne) über den Antrag entscheiden.

Die Bedingungen, unter denen manche Zirkustiere gehalten werden, hatten in den vergangenen Jahren auch in Berlin immer wieder Tierfreunde empört. Im Sommer vorigen Jahres bewegte die kranke Elefantenkuh Rani viele Gemüter. Das Tier hatte sich ein Bein gebrochen, wurde in der Tierklinik Düppel behandelt, blieb jedoch schwer angeschlagen. Danach vegetierte die Elefantin todkrank im Winterquartier des Zirkus „Harlekin“ in Dessau dahin. Im Januar 2003 wurde sie eingeschläfert.

„Natürlich gibt es immer wieder schwarze Schafe unter den Zirkussen“, sagt Demo-Veranstalter Hölscher. „Aber erstens sind das Einzelfälle und zweitens ist es nicht jedes Mal Tierquälerei, wenn irgendwelche selbst ernannten Tierschützer aufschreien.“ So sei zum Beispiel der Zirkus „Carl Busch“, der ebenfalls am Protestzug teilnehme, in Berlin vor einigen Jahren zu Unrecht beschuldigt worden, drei Elefantenkühe nicht artgerecht zu halten. Eine Untersuchung des Zootierarztes habe jedoch alle Vorwürfe widerlegt.

Auch Hölschers Zirkus „Fliegenpilz“, der im Frühling wieder in der Stadt spielen will, wurde in der Vergangenheit von Tierschützern beschuldigt, Tiere unnötig zu quälen. Das Zwerg-Nilpferd, eine der Hauptattraktionen des Zirkus, drohe „in seiner Vereinzelung zu verkümmern“, lautete ein Vorwurf. Hölscher hingegen ist überzeugt davon, dass er seine Tiere artgerecht hält. Erst kürzlich habe das Künast-Ministerium klare Leitlinien zur Tierhaltung herausgegeben. Diese Vorgaben befolgten er und seine 120 Mitarbeiter akribisch, sagt der Zirkusdirektor.

Nicht alle Zirkusleute unterstützen indes des Protest. „Wir begrüßen die Bundesratsinitiative und jeden anderen Vorstoß, der zum Tierschutz beiträgt“, sagt Steffen Ball vom Zirkus „Sarrasani“, der im Frühling in der Stadt gastierte. Sarrasani habe seinen Tierbestand ohnehin schon auf zwei Tiger reduziert und sei von der Regelung nicht berührt.

Die eigentlich Betroffenen der ganzen Kontroverse bleiben heute übrigens in ihren Käfigen und Ställen. „Unsere Tiere bringen wir nicht mit zur Demo“, sagt Bodo Hölscher. „Das wäre wirklich nicht artgerecht.“ lvt

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